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Das Musiktheater im Revier in Gelsenkirchen (MiR) zeigt das sehr gelungene Musical „Das Licht auf der Piazza“ von Adam Guettel. Es ist kein Musical von der Stange, aber wunderschön inszeniert. Regie führte der am MiR bewährte Carsten Kirchmeier. Es soll tolle Musicals geben, in denen kein falscher Michael Jackson tanzt, kein Publikum Mamma Mia mitsingt, keine afrikanischen Tiere herum stacksen, keine Loks um die Wette fahren oder Menschen noch niemals in New York waren. Dieser Abend hebt sich bewusst vom bekannten Mainstream ab, denn dieses Musical wird erst zum dritten Mal seit der Uraufführung 2003 in Seattle (USA) im deutschsprachigen Raum inszeniert. Am Broadway lief es über 500 Mal sehr erfolgreich. Es gewann sechs Tony-Award, die höchste Auszeichnung für ein Musical. Es ist eine echte und sehenswerte Rarität. Da hatte der am MiR ausgeschiedene Intendant Michael Schulz, der das Programm für diese Spielzeit noch entworfen hat, ein sehr gutes Näschen. Worum geht es? Die Amerikanerin Margaret (Anke Sieloff) fährt in den 1950er Jahren mit Tochter Clara (Katherine Allen) nach Florenz, um auf den Spuren ihrer lange vergangenen Hochzeitsreise zu wandeln, während ihr Mann Roy (Klaus Brantzen) in den USA bleibt. Leider wurde Clara als Kind von einem Pferdehuf am Kopf getroffen, erlitt ein Schädelhirntrauma. Seither sagt man ihr eine sekundäre Entwicklungsstörung nach, eine partielle Schädigung des Gehirns. Margaret und Roy behandeln die 26jährige wie ein Kind, beschützen sie vor äußeren Einflüssen, auch vor dem Zustand der Liebe. In Florenz passiert das für die Eltern Undenkbare. Claras Hut wird vom Wind verweht und Fabrizio (Luc Steegers) fängt ihn auf. Ein Blick in die Augen genügt und beide sind verliebt. Fabrizio lässt nicht locker, aller Versuche von Margaret, ihre Tochter von ihm fern zu halten, zum Trotz. Er taucht immer wieder auf und stellt sie sogar seiner Familie vor. Auch die ist von Clara begeistert. Es kommt schnell zum Heiratsantrag, doch die Hochzeit muss noch ein paar kleine Hürden überwinden. Es ist ein nicht einfaches Thema. Claras Beeinträchtigungen werden gar nicht genau beschrieben oder dargestellt. Sie bleiben eher im Verborgenen. Auch für Fabrizios Familie zählt nur der Mensch Clara, in den ihr Sohn so unsterblich verliebt ist. Soll man Menschen mit leichten, geistigen Einschränkungen wirklich das große Glück verweigern? Im Fall Clara spürt man eine positive Entwicklung. Sie blüht auf, lernt Italienisch und im Hotel wird es heiß. Fabrizio liebt sie so wie sie ist. Clara beginnt gegen ihre Mutter zu rebellieren, ihren eigenen Kopf zu entwickeln. Sie möchte für sich eigene Entscheidungen treffen, nicht ewig das große Kind sein. Margaret lernt dies irgendwann zu akzeptieren, spätestens seit sie ihre Tochter für ihre Rebellion aus Verzweiflung geohrfeigt hat, was sie schnell sehr bereut. Am Ende ist sogar sie es, die die letzte Hürde zur Hochzeit geschickt und charmant in die Wege leitet. Clara und Fabrizio werden ein Paar. Man darf es ruhig verraten. Die italienische Note kommt in diesem Musical nicht zu kurz. Manche gesprochenen und gesungenen Teile der Handlung sind bewusst auf Italienisch belassen worden, ohne Übertitel. Man versteht die Dinge aber trotzdem. Italiener reden bekannt mit Händen und Füßen. So wirkt die Familie Naccarelli wesentlich authentischer. Ein wenig Klischee muss aber doch sein. Die Mama hat viel zu sagen, der Bruder geht gerne fremd und der Signor ist traditioneller Patriarch und Papa zugleich. Sein Sohn soll sein Glück finden. Musikalisch hat man bei der Neuen Philharmonie Westfalen, unter der guten Leitung von Mateo Penaloza Cecconi, von Anfang an den Eindruck, kein gewöhnliches Musical zu erleben. Die Partitur ist ohne bekannte Melodien, dafür aber auf jede Szene perfekt abgestimmt. Man schwingt mit dem Glück oder wechselt auch mal kurz ins Dramatische. Es passt einfach, ohne es beschreiben zu können! Auch bei der Auswahl der Künstler hat man eine gute Auswahl getroffen. Das junge Traumpaar überzeugt auf ganzer Linie. Die Australierin Katherine Allen wirkt menschlich und stimmlich wie ein wahrer Glücksfall für das Haus. Anke Sieloff ist die gefühlte Hauptrolle des Abends. In „Hello Dolly“ konnte die gelernte Sopranistin bereits schon einmal als Musicalsängerin das Publikum überzeugen. Es ist eine beeindruckende und berührende Inszenierung mit einem klasse Bühnenbild (Julia Schnittger) und schönen Kostümen (Hedi Mohr). Florenz wird durch verschieden große Bilderrahmen dargestellt. Sie sind leer oder zeigen alte Meister aus dem Uffizien. Die Mitwirkenden wirken dabei wie Bestandteile dieser Gemälde. Es ist ein wunderbarer Tanz der Bilderrahmen im Bühnenturm. So wird es nie langweilig. Ansonsten gibt es nur wenige tänzerische Einlagen, wie sonst beim Mainstream. Man hat sich auch optisch bewusst an den 1950ern orientiert, die Farben, die Kostüme. Alles ist absolut stimmig. Selten sieht man ein so variables Bühnengeschehen. Die Szenerie macht Lust auf einen Besuch in Florenz, auf die Uffizien. Es ist ein Abend, der den Mitwirkenden und dem Publikum ans Herz geht und viel Spaß bereitet, was man auch an der sehr schönen Atmosphäre auf der Premierenfeier im Foyer merkten konnte. Datum: 2. November 2025 musiktheater-im-revier.de |
"Musical 'Das Licht auf der Piazza' im Musiktheater im Revier in Gelsenkirchen, Foto: Pedro Malinowski![]() nächstes Foto |
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