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Das Musiktheater im Revier in Gelsenkirchen bittet hinter die Kulissen. Der architektonisch herrlich zeitlose Bau bietet spannende Einblicke in sein Innenleben. Regelmäßig kann man mit Insidern sonst verborgene Räume erleben. Christiane Waring ist eigentlich Statistin am Theater. Nebenbei führt sie Interessierte gerne durch das Haus, das ihr seit Jahren gut vertraut ist. Die Tour beginnt draußen. Das 1959 vom Münsteraner Architekten Prof. Werner Ruhnau erbaute Theater begrüßt die Besucher mit einem Betonrelief von Robert Adams. 1954 beschloss man, ein neues Theater zu bauen, gründete eine Bauhütte. Architekt, Handwerker und sonstige Beteiligte waren hier gleichrangig. Man lebte auf der Baustelle. Prof. Ruhnau überredete einige damals noch wenig bekannte Künstler, mit Kunst am Bau mitzumischen, darunter auch Jean Tinguely, Norbert Kricke und natürlich Yves Klein. Ruhnaus Frau Anita war jeden Tag für das Essen in der Bauhütte zuständig. Für die Finanzierung verkaufte man 300.000 Lose in der Stadt, bei knapp 300.000 Einwohnern. In unteren Foyer stellt man fest, dass die Decke ziemlich niedrig ist. Man wollte so eine im oberen Foyer eine Raumhöhe von 16 m erreichen. Unten ist bereits eine Spiegelfuge zu erkennen, die das Theater in der Mitte in zwei gleiche Hälften teilt, die Rampe für Menschen mit Einschränkungen mal ausgenommen. Die musste sein, da konnte Familie Ruhnau kein Veto einlegen. Hinauf geht es anschließend in das herrlich weite obere Foyer. Hier prägen zwei Elemente den optischen Eindruck. Die Rotunde mit dem ungewöhnlichen Treppenhaus und dem künstlerisch von Paul Dierkes verziertem Relief, sowie die Wände füllenden Werke von Yves Klein, ganz in Gelsenkirchener Blau gehalten. Darin enthalten sind u. a. Naturschwämme aus Marokko. Ein örtlicher Malermeister half bei der Farbmischung, denn es sie musste frei von giftigem Cadmium sein. Tatsächlich hat ein arabischer Scheich mal 154 Mio. Dollar für die beiden meisterhaften Wandreliefs von Yves Klein geboten. Man lehnte ab. Die großen Scheiben der Fassade sind leider nicht klimaneutral. Es gab einmal das Angebot einer Firma, sie günstig gegen moderne Scheiben auszutauschen, mit einem münzgroßen Firmenlogo darin. Familie Ruhnau lehnte diesen Eingriff am Bau ab, wegen des Logos. So hat man drinnen im Sommer 40-45° und im Winter entsprechende Kälte. Heute genießt man zumindest die wundervolle Glasfassade aus Aus- und Einblick. Bei der Eröffnung 1959 beschwerten sich die Besucher noch darüber, drinnen gesehen zu werden. Die Decke soll als der Nachthimmel der Stadt gedeutet werden und die Bodenplatten stammen aus dem Sauerland. Einst waren sie auch vor dem Theater draußen verlegt. Auch die Möbelentwürfe stammen vom Architekten. Die Sessel sollen mit ihrer 360°-Drehung die Kommunikation fördern. Man kann sie heute noch für 2.200 Euro erwerben. Es gibt auch einen dunklen, riesigen Samtvorhang für die Glasfassade, den man einhängen kann. Er wurde erst einmal für eine Firmenveranstaltung gebraucht, anschließend nie wieder. Ursprünglich soll Prof. Ruhnau einen ganz anderen Entwurf im Sinn gehabt haben, mit griechischen Säulen. Einwände führten dazu, dass er sich architektonisch eher an Mies van de Rohe orientierte. Man dachte damals sehr der Zeit voraus. Im Haus hat man auch für einen Brandfall vorgesorgt. Im Keller befindet sich ein Tank mit 46.000 Litern Löschwasser. Früher war das ein Becken. Darin „lagerte“ einst ein ehemaliger Intendant seinen lebendigen Weihnachtskarpfen. Einsam schwamm er dort herum. Als Weihnachten vor der Tür stand, war er im Becken abgetaucht. Man musste das komplette Wasser ablassen, um ihn für das Festmahl des Intendanten zu fangen. Im hinteren Bereich gibt es viel zu entdecken. Jeder Solist hat eine eigene Garderobe, Maske und Ankleidedame. Bei über 300 Angestellten aus aller Herren Länder ist die Bühnensprache Englisch. Rund 10.000 Kostüme lagern im Haus, plus dieselbe Menge noch einmal auswärts in Schalke. Alle sind nummeriert und analog registriert. In der Maske werden die Perücken geknüpft, mit Echthaar aus Asien. Eine Ausbildung zum Maskenbildner dauert einige Jahre, die Friseurausbildung als Grundlage plus Spezialwissen. Der Sitz so einer Perücke ist extrem wichtig, denn eine Arie auf der Bühne ist physisch vergleichbar mit einem Hochgeschwindigkeitslauf über 1.000 m Strecke. Die Schreinerei sorgt für die Konstruktion der Bühnenkulissen, wie auch die Schlosserei und der Malsaal. Im Maalsaal gab es dieses Jahr tatsächlich 30 Bewerbungen für zwei Azubi-Stellen. Natürlich durfte das Gang auf die Bühne nicht fehlen. Hier waren die Kulissen für die Premiere von „Die Dreigroschenoper“ ganz nahe zu erleben. Die Lichttechniker richteten die Scheinwerfer ein. So langsam regte es sich für den Abend im Haus. Auf dem Weg hinaus ging man vorbei an Fotoporträts diverser Mitarbeiter vorbei, darunter auch der scheidende Generalintendant Michael Schulz. Nach einer internen/externen Interimslösung für die Spielzeit 2025/26 übernimmt ab Mitte 2026 Frank Helbrich, der aus Bremen nach Gelsenkirchen kommt. Diesen Sommer verlassen das Haus u. a. Sebastian Schiller und Bele Kumberger. Datum: 26. April 2025 musiktheater-im-revier.de |
Führung durch das Musiktheater im Revier in Gelsenkirchen, MiR abends, Foto: Jehle![]() nächstes Foto |
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