1 Abenteuer Ruhrpott - Oper 'Der fliegende Holländer' im Musiktheater im Revier in Gelsenkirchen
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Oper 'Der fliegende Holländer' im Musiktheater im Revier in Gelsenkirchen
Mit der sehr sehenswert inszenierten „Der fliegende Holländer“ von Richard Wagner präsentiert das Musiktheater im Revier in Gelsenkirchen (MiR) einen Stoff voller Sehnsucht im modernen Gewand.

Richard Wagners Frühwerk in Paris ist ein großes Thema voller Todessehnsucht beider Hauptfiguren. Dabei ist die Geschichte auch biografisch. 1839 trat Wagner die Flucht vor Gläubigern von Königsberg nach London an, ein wilde Fahrt entlang der skandinavischen Küste, vorbei an Norwegen. Er war tief beeindruckt, ähnlich wie eine bekannte Sage aus dem 17. Jahrhundert. Auch Wagners Holländer (Benedict Nelson) ist verflucht auf See zu bleiben, falls er keine Frau an Land findet, wo er alle sieben Jahre festmachen darf.

Die gelungene Inszenierung von Igor Pison ist eine Wallung der Gefühle. Senta (Susanne Serfling) ist romantisch veranlagt, voller Weltschmerz, aufbrausend, entschlossen und aufmüpfig. Ihre Zöpfe erinnern an Pipi Langstrumpf. Sie macht sich die Welt wie sie ihr gefällt. Das Poster des Holländer-Windjammers hängt bei ihr an der Wand. Das Motiv entwickelt sich zum roten Faden des Abends. Das Schiff erscheint als atmosphärische Videoprojektion oder als Hintergrund-Vorhang, stets in tosen Stürmen und hohen Wellen. Die großformatigen Videos (Gregor Eisenmann) auf eigenen Vorhängen sind beeindruckend animiert.

Am Aufwand hat bei Wagners kürzester Oper man nicht gespart. Die Bühne (Nicola Reichert) ist groß und variabel in ihrer Deutung, mal als Schiffsdeck und mal als Wohnraum. Der erste Akt ist noch recht dunkel, etwas statisch. Das Meer zehrt am Schiff, die Matrosen wirken abgeschlafft und hängen über ihren Betten. Ein Spaß ist diese Seereise für den Holländer und seine Crew sicher nicht. Das wird deutlich.

Mit Senta kommt im zweiten Akt Feuer in die Handlung. Reichtum als Verlockung? Gelingt der Deal des Holländers? Es ist eine gut inszenierte Annäherung zwischen dem Holländer und Senta, aus Distanz wird Herzklopfen, vom Vater geschickt eingefädelt. Sie behält die Entscheidung für sich, Erik oder der Holländer. Dabei steht ein sichtbares Brautkleid als fragendes Sinnbild für ihre Zukunft. Erik kämpft um sie.

Es spielt die Neue Philharmonie Westfalen unter der Leitung von Rasmus Baumann. Musikalisch ist es eine Mischung aus konventionellen Wagner-Klängen und freien Formen, insgesamt sehr gelungen. Bei Wagners Kompositionen macht man nichts falsch. Man hört gute Stimmen, insbesondere die Rolle der Senta. Susanne Serfling lebt in ihrer Rolle auf. Hinzu kommen der MiR Opern- und Extrachor, die sehr prägnant in Erscheinung treten.

Die Bühne ist ein sehr gutes Spiel mit den Ebenen, inklusive der Bespielung der Unterbühne, verschiedenen Vorhänge oder dem spiel mit sichtbarer Transparenz. Dazu trägt auch das schöne Licht von Patrick Fuchs bei. Traditionelle und moderne Elemente harmonieren miteinander, ein moderner Holländer, der ab dem zweiten Akt grandios und wunderschön inszeniert ist. Die Verlobung zwischen Senta und Erik wird als Zeitsprung dargestellt, eine Andeutung der Zukunft. Es gibt eine Kinder-Senta und eine junge Senta auf der Bühne, ein Sturm der Liebe voller Emotionen. Gute Statisten!

Am Ende wird aus der alten Holländer-Geschichte eine moderne Wendung. Die Toleranz der freien Entscheidung siegt. Senta ist selbstbestimmt, kann heiraten wen sie möchte, nicht wen sie muss. Der Tod bleibt ihr erspart. Was Erik (Martin Homrich) betrifft, so zeigt es sich, dass es lohnt für etwas zu kämpfen, auch wenn die Angebetete mal störrisch ist. Die Einsicht in ihr jeweiliges Schicksal ist allen gleich, Senta, Erik und dem Holländer, der wieder in See stechen muss. Etwas abrupt ist das Ende, ein insgesamt aber großartiger Abend.

Datum: 27. September 2025

musiktheater-im-revier.de

Oper 'Der fliegende Holländer' im MiR, Foto: Pedro Malinowski

Oper 'Der fliegende Holländer' im Musiktheater im Revier in Gelsenkirchen

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