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Schauspiel 'Fanfaren! im Theater Oberhausen
Das Theater Oberhausen zeigt mit „Fanfaren!“ ein Stück von Noëlle Haeseling, welches schön unser alltägliches Dasein, die Arbeit und unser Denken reflektiert. Regie führte Andreas Widenka.

Schon mal was von einer Naturtrompete gehört? In Zeiten von demokratischen Staatsformen und modernen Kommunikationsmitteln ist sie nicht mehr so verbreitet. Als Europa noch von Kaisern und Königen regiert wurde, waren die Fanfaren stets an der Seite der Majestät. Jeder noch so kleine Anlass wurde mit Trompeten angekündigt. Die Musiker versprachen absolute Gefolgschaft, mussten stets zur Verfügung stehen, wenn die königliche Hoheit es wünschte. So ähnlich könnte heute z.B der Fahrdienst von höheren Beamten des Staates strukturiert sein. Wenn der Minister, der Ministerpräsident oder der gar der Kanzler von A nach B müssen, ist man als Fahrer selbstverständlich bereit alles auf sich zu nehmen.

Im Stück sind es vier Fanfaren eines namenlosen Königs. Sie warten. Kommt er oder oder kommt er nicht? Die üppige Frühstückstafel ist angerichtet, erreichbar nur über überdimensionierte Stühle auf einem noch höheren Tisch. Alle Lieblingsspeisen des Königs stehen dort im Überfluss, wie im Märchen oder bei Disney. Das Unerwartete und Undenkbare tritt tatsächlich ein. Er kommt dieses Mal nicht. Man verspürt Unsicherheit. Sollen sie das starre Korsett abwerfen oder auf das vielleicht noch zu Erwartende warten?

Der Abend ist ein humorvolles Spiegelbild der Gesellschaft, über Freiheit oder Gefangenschaft im Alltag, im beruflichen Schaffen. Überall gibt es Spezialisten. Die Firma gibt mehr oder weniger den Umfang der persönlichen Freizeit vor, den Takt der Arbeit. Torsten Bauer (1. Fanfare), Susanne Burkhard (2. Fanfare), Tim Weckenbrock (3. Fanfare) und Nadja Bruder (4. Fanfare) müssen sich abstimmen. Dass der König nicht kam, gab es noch nie. Dafür gibt es keinen Dienstplan. Sie müssen erst das Kommunizieren lernen, von humorvoll anmutender Stillen Post bis hin zu freier Rede. Wie heißen sie eigentlich? Das war nie wichtig. Sie lernen sich ein wenig kennen und bitten gegenseitig darum, sich private Fragen stellen zu dürfen. Auch im modernen Berufsleben wird Privates nicht selten unterdrückt, aus Angst vor Gerede unter der Belegschaft. Hinzu kommt großer Respekt vor den Vorgesetzten. Macht führt zu unbewusster Angst.

Mit der Zeit entwickeln sich aber flüssige und auch tiefgreifende Gespräche. Was macht und denkt man eigentlich in der Kemenate, wenn man gerade keine Fanfare spielen muss? Das Spiel „Kennt ihr das auch?“ macht die Runde. Habt ihr Heimweh nach der Familie? Möchte ihr lieber sterben oder leben? Erste, persönliche Unzufriedenheiten blicken durch. Wie kam man an die scheinbar ehrenvolle Position? Harte Prüfungen gab es im Vorfeld. Die klare Rangordnung vom ersten bis zum vierten Fanfaren gibt es noch immer. Wie wohnt der König eigentlich? Hat er purpurfarbene Vorhänge? Spekulationen kommen auf. Verbotenes Probesitzen auf dem Königsthron und das Naschen an der Frühstückstafel traut man sich plötzlich. Immer wieder hört man Schritte, der König? Die vierte Fanfare berichtet schließlich von Audienzen beim König. Die kennen die anderen gar nicht, hören gebannt zu. Sie hat dem greisen König als jüngste Fanfare in seinen Gemächern absolute Untergebenheit versichert. Unterdrückung und Machtmissbrauch liegen eng beieinander. Blankes Entsetzen kommt auf. Das Ende ist folgerichtig. Man flüchtet teilweise aus der Abhängigkeit des Königs. Einige werfen ihre königlichen Roben ab, lassen den Stolz auf ihren Job zurück und organisieren sich selbst, die geistige Kündigung ohne Papierform oder die spontane Flucht aus dem Gewohnten. In welche Richtung soll es gehen?

Szenisch ist das Stück weit vorne. Edle Kostüme (Laura Osterhoff) mit clownesk anmutendem Antlitz prägen das Bild, auch das passende Make up. Der Stoff des Stücks ist hervorragend auf die Gegenwart übertragbar, ohne das historische Ambiente optisch zu verlassen. Man erlebt richtig gute Dialoge, insgesamt gute Schauspielleistungen. Nadja Bruder sticht durch ihre ausgezeichnete Mimik und sehr gute Betonungen etwas heraus, hat ein tolles Solo gegen Ende. Sie hat als das Küken der Fanfaren aber auch ein wenig die Paraderolle erwischt.

Datum: 31. Oktober 2025

theater-oberhausen.de

Schauspiel 'Fanfaren! im Theater Oberhausen, Foto: Lukas Diller

Schauspiel 'Fanfaren! im Theater Oberhausen

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