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Schauspiel 'Woyzeck' im Schauspiel Bochum
Nun hat auch das Schauspielhaus Bochum seinen „Woyzeck“. Johan Simons hat ihn bereits 2019 für das Burgtheater Wien inszeniert. Der Abend überzeugt mit einem Szenenbild, welches die Handlung in einen Zirkus versetzt.

Der Stoff ist in der Region mittlerweile gut bekannt und häufig gespielt. Woyzeck (Steven Scharf) der arme Wicht, der von allen getrieben und hintergangen wird, bis er schließlich seine Geliebte Marie (Anna Drexler) ersticht. Das ist in Bochum nicht anders. Hier ist das Leben ein Zirkus, in dem geweint und gelacht wird. Optisch wird die Szenerie schon zu Beginn verdeutlicht. Die Bühne wird zur Manege mit rotem Untergrund, eine Anspielung an das Blutbad am Ende. Woyzeck kann seiner Tat nicht entkommen, ist Opfer und Mörder zugleich. Johan Simons hat die Hauptfigur ganz klar in den Mittelpunkt gestellt. Der Tambourmajor (Guy Clemens), der Doctor (Martin Horn), der Hauptmann (Jordy Vogelzang), ja sogar Marie treten spürbar in den Hintergrund und verweilen während der Handlung beobachtend auf dem Manegenring. Woyzeck darf zuschauen wie Marie gewisse Turnübungen mit dem Tambourmajor genießt. Er muss alles ertragen. Ihm ist die fortschreitende Verwirrtheit durch die für ihn unglückliche Situation gut anzumerken, sieht keinen anderen Ausweg. Am Ende ist die Pistole zu teuer, das Messer muss es schlussendlich sein.

Wie so oft am Theater, und auch gerne unter Johan Simons in Bochum, wird das unterdrückte Individuum entsprechend dargestellt. Der Wasserfall, unter dem Woyzeck pitschnass wird, fehlt hier genauso wenig wie die Darstellung durch Nacktheit. Was bei „Lulu“ für die Schauspielerinnen gilt, das lässt sich beim „Woyzeck“ für die Schauspieler kaum vermeiden. Man hätte es aber ein wenig dezenter und eleganter, mit der Hand davor, in Szene setzen können. So wirkt die Nacktheit ein wenig plump dargestellt.

Die Handlung und der Leidensweg werden in Bochum insgesamt stark bruchstückhaft gezeigt, gefühlt teilweise auch abstrakt. Schüler im Publikum, die das Buch zuletzt noch im Unterricht gelesen hatten, konnten die Handlung zwar erkennen, vermissten aber doch Einiges an Szenen. Als Besucher sollte man im Stoff sein. Es gibt stattdessen zahlreiche Gedankenpausen ohne Text. Man hat die Dialoge stark zusammengestrichen und auf durchaus eindrucksvolle Bilder gesetzt, ein erlaubtes Stilmittel. Schwierig ist es für eine Rolle immer, die ganze Zeit über im Mittelpunkt zu stehen, ohne sich auch nur einmal zurückziehen zu können. Hier ist gut gelöst. Ein wenig schade ist, dass die sonst in Bochum ausgezeichnet spielende Anna Drexler ihre Rolle nicht hundertprozentig emotional ausleben darf, da ihre Dialoge leider ziemlich knapp gehalten werden. Ihre Stärken werden ausgebremst. Sie hatte sicher schon dankbarere Rollen auf der Bochumer Bühne.

Insgesamt ist eine gute Inszenierung, die besonders durch Bilder in Erinnerung bleibt.

Datum: 28. April 2023

www.schauspielhausbochum.de