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Einen außergewöhnlichen Abend erlebten die BesucherInnen des Vortrags „Der lange Atem der Bäume“ von Peter Wohlleben im ausverkauften Gasometer, einen Stromausfall inklusive. Peter Wohlleben ist gelernter Förster mit eigener Waldakademie. Er ist Autor diverser Bestseller-Bücher. An diesem Abend im Gasometer hätte es wahrscheinlich noch drei Stunden erzählen können, doch er beschränkte sich selbst. Der Wald, die Bäume, ihre spezifischen Fähigkeiten und einige andere Dinge mehr kamen zur Sprache. Dabei spielte er gerne mit thematischen Überraschungsmomenten, also für normale Ohren teils gewagte Thesen, die wissenschaftlich belegt sein sollen. Bäume und Pflanzen werden von uns oft unterschätzt. Sie haben jedoch Eigenschaften, die wir uns kaum vorstellen können. Selbst Einzeller sind manchmal schlauer als wir. Pflanzen spüren Schmerzen, haben ein Bewusstsein, kommunizieren miteinander, können durch ihre Linsen auf den Blättern sehen, ja sogar ihre eigene Familie erkennen. Wenn eine Rosskastanie zu wenig Zucker für den Winter eingelagert hat, treibt sie im November sogar noch einmal aus, allerdings ohne Blüten. Pflanzen lernen und passen sich den klimatischen Bedingungen an. In Genen können sie ihre Erinnerungen speichern und abrufen sowie sich neuen, auch trockeneren Bedingungen anpassen. Sie locken aktiv Vögel an, um Ungeziefer-Befall zu bekämpfen. Bäume sorgen durch Verdunstung von Wasser in der Krone sogar für Regen anderswo in der Welt. Eine große Buche verdunstet rund 500 Liter Wasser am Tag. Sie kann durchaus 700 Jahre alt werden, denn Bäumen sterben nicht an Altersschwäche, sondern durch Unfälle oder eine Kettensäge. Wir unterschätzen unsere Mit-Lebewesen ständig. Aktuelle Themen kamen auch zur Sprache. Der Borkenkäfer sorgt aber schon seit 200 Jahren in den Wäldern für Schrecken. Bei uns fallen ihm nahezu alle Fichten und auch Kiefern zum Opfer. Fichten gehören einfach nicht in unsere Breitengrade. Leider erwärmen sich die kahl geschlagenen Flächen anschließend um mehr als 10°C. Bis zu 67°C Bodentemperatur hat Wohlleben schon gemessen. Fachleute nennen das Abholzen auch schon „Heiß-Schlagen“, was auch den Verlust von Buchen und Eichen zur Folge hat. Waldbrände in Mitteleuropa können allerdings nicht durch Selbstentzündung entstehen, höchsten durch Brandstiftung. Grundsätzlich mögen Bäume jedoch keine Hitze. Ist der Boden durch Maschineneinsatz zusätzlich verdichtet, so wird hier lange kein normaler Wald wachsen. Unverdichtete Flächen erholen sich dagegen sehr schnell mit vielfältiger Vegetation. Die Natur kann sich selbst helfen, wenn der Mensch sich zurück nimmt und die Natur machen lässt. Wir Menschen sind sowieso nicht in der Lage einen Urwald zu kopieren, da wir bis zu 90% der Artenvielfalt in Deutschland noch gar nicht kennen. Zahlreiche Bakterien oder Pilze schlummern noch immer im Verborgenen. Sie haben oft größeren Einfluss auf uns, als wir uns es vorstellen können. Tipps gab er ebenfalls mit auf dem Weg. In wenigen Jahren wird Deutschland über 50% seiner Waldfläche verlieren. Wer jetzt auf einen Umstieg auf eine Holzpellet-Heizung denkt, der sollte einen Plan B haben. Die Ökobilanz von Holz ist bei der Heizung schlechter als die von Kohle. Der Rohstoff Holz wird in Deutschland knapp. Wo soll das Material für die allseits gerühmten Holzhäuser herkommen? Garantiert nicht aus Deutschland. Die Bäume gehören seiner Meinung nach in den Wald und nicht ins Heizkraftwerk oder in die Bauwirtschaft. Halten wir uns daran, dann lassen sich Bäume erleben, die angeblich 10.000 Jahre alt sein sollen, wie eine Fichte in Schweden, der älteste Baum der Welt. Unsere Mitgeschöpfe können theoretisch unendlich alt werden, wenn Mensch und Wetter sie in Ruhe lassen. Große Straßenbäume bei Dürre zu gießen ist übrigens müßig. Der Wurzeldurchmesser ist größer als der Umfang der Krone. Egal ob Straßen- oder Gartenbaum, eine Begrünung der Baumscheibe schützt den Baum vor Überhitzung im Sommer. Was also tun? Wohlleben empfiehlt den Papierverbrauch von Wegwerfprodukten zu drosseln. Er sieht keine Sinn darin, durch Holzverbrennung Energie zu erzeugen und möchte, dass wir weniger Fleisch essen. Weniger Kühe gleich weniger Weideland und mehr Wald. Pflanzen dürfen wir gerne heimische Baumarten wie die Zitterpappel oder die Hainbuche. Aber bitte möglichst selbst säen, denn Bäume aus der Baumschule sind an den Wurzeln so sehr gekappt, dass sie keine Tiefwurzeln mehr ausbilden können. Eine besondere Note des Abends war ein plötzlicher Stromausfall beim örtlichen Energieversorger EVO, der bewies, dass das Notlicht im Gasometer funktioniert, eine wahrhaft besondere Stimmung ohne animierte Erde und mit einem golden schimmernden Dachkranz. Alle blieben und warteten geduldig, bis schließlich wieder alles lief, bis auf den Innenaufzug. Datum: 3. August 2023 www.gasometer.de |
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