![]() |
![]() |
![]() |
||
![]() |
||||
![]() |
||||
![]() |
||||
![]() |
||||
![]() |
||||
![]() |
||||
![]() |
||||
Das Schauspiel Bochum präsentierte mit dem vorzüglichen Gastspiel „Einfach das Ende der Welt“ ein Familiendrama von Jean-Luc Lagarce, wie es hinter jeder Häuserwand passieren könnte. Endlich hat mal geklappt. Nach mehrfacher Verschiebung war das Schauspielhaus Zürich in Bochum zu Gast. Maja Beckmann, die in Bochum lange Zeit zum Ensemble gehörte, wurde u. a. für diese Produktion zur Schauspielerin des Jahres 2021 gewählt. Benjamin Lillie ist als Schauspieler des Jahres dekoriert worden. Außerdem mit dabei waren Nils Kahnwald,Ulrike Krumbiegel, Wiebke Mollenhauer sowie der Mann für die klasse Live-Musik, Matze Pröllochs. Regie führte Christopher Rüping. Die Familie ist ein schwieriges Gebilde. Trotz Blutverwandtschaft herrscht nicht immer beste Stimmung. So ist auch hier. Einen Vater gibt es nicht, wird gar nicht erwähnt. Zwei Kinder sind noch zuhause bei der Mutter und eine Schwiegertochter ist auch noch da. Das dritte Kind hat vor zwölf Jahren das Elternhaus verlassen und sich seit dem nicht mehr gemeldet. Benjamin war anders als die anderen, fühlte sich nicht voll akzeptiert und sollte so sein, wie man es von einem Jungen erwartet. So zog er hinaus in die Welt, wurde Künstler und lebte sein Lebensmodell. Was er und seine Familie nicht ahnten war, dass er mit eine Wunde in die Familie riss, die alle unglücklich hinterließ. Benjamin Lillie macht das hervorragend. Er ist der verlorene Sohn, der nach zwölf Jahren erstmals wieder den Kontakt zu seiner Familie sucht. Er möchte sie besuchen, um ihnen mitzuteilen, dass er nicht mehr lange zu leben hat. Auf wen trifft er? Er glaubt sie zu kennen und ist der Meinung, dass auch sie ihn mit offenen Armen aufnehmen. Zunächst jedoch zeigt das Bühnenbild eine ganz andere Situation. Auf drei einzelnen Einzelbühnen befindet sich das Leben des Benjamin aus seiner Kindheit. Sein Jugendzimmer, das Wohnzimmer, die Küche oder das Bad sind extrem detailreich aufgebaut. Er selbst präsentiert dem Publikum per Videokamera die einzelnen Erinnerungsstücke auf einer Leinwand, eine Reise in eine andere Zeit. Dabei interagiert er mit dem Publikum, holt sich Zuspruch für seinen Plan. Er ist es, der sich zwölf Jahre hat nicht blicken lassen, und nur er. Die Bestätigung holt er sich vom Publikum, immer musikalisch klasse getrieben von Matze Pröllochs am Schlagzeug mit elektronischer Begleitung. Man merkt ihm den Zweifel an. Ist es der richtige Schritt? Früh geht es in die Pause. Danach sind die Kulissen an den Rand geräumt und die Spielfläche ist frei für den Familienbesuch. Zwei Welten treffen aufeinander. Schon die Begrüßung ist ein schwieriges Unterfangen. Umarmen oder nicht? Erkennt man sich überhaupt noch? Was weiß man über das Gegenüber? Seine jüngere Schwester und seine Mutter versuchen das Eis zu brechen. Sein älterer Bruder hingegen wirkt sehr zögernd. Er hat all die Jahre alles zusammengehalten, blieb zuhause, heiratete und bekam zwei Kinder. Diese Entwicklungen sind Benjamin neu. Er scheint völlig überfordert mit der Situation. Schön zu sehen, wie er versucht sein eigentliches Anliegen vorzubringen. Die Konversation ist für alle schwierig. Interessiert er sich überhaupt für seine Familie? Sie spielen es großartig. Jeder hat seine eigene Persönlichkeit und eine andere Herangehensweise bezüglich der Kontaktaufnahme. Benjamin wirkt immer unsicherer und eigenwilliger. Aus gutem Willen sich auszutauschen wird Befremdlichkeit. Man eckt verbal immer öfter an. Szenisch wird diese Entwicklung dadurch verstärkt, indem Benjamin gerne mal von der Bühne in den Theatersaal flüchtet. Die Distanz spricht Bände. Die vor zwölf Jahren gerissene Lücke lässt sich nicht mehr kitten, selbst als er endlich seinem Bruder mitteilen kann, dass sein Leben bald enden wird. Der reagiert gleichgültig und ratlos, wie er mit dieser Info umgehen soll. Es ist ein spannendes Psychogramm einer ungewöhnlichen Situation. Erinnerungen und Gegenwart treffen hart aufeinander. Die Entfremdung ist zu jedem Zeitpunkt spürbar, wie auch die unglücklichen Seelen, in in allen stecken. Das Ganze ist szenisch und schauspielerisch hervorragend gelöst. Datum: 28. Oktober 2022 www.schauspielhausbochum.de |
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
|||