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Mit „State of the union“ schreibt das Theater Oberhausen eine echte Erfolgsgeschichte. Bisher waren alle Vorstellungen ausverkauft. Die gespielte Ehekrise von Kultautor Nick Hornby ist ein sehr guter Stoff, in dem sich viele Paare partiell wiederfinden. Hier wird das Theater vielleicht sogar zur eigenen Therapiesitzung. Regie führte Jonas Weber. Es geht um Louise und Tom. Sie ist Ärztin und er arbeitsloser Musikkritiker. Irgendwann einmal haben sie sich auf einer Party kennengelernt, miteinander geschlafen und geheiratet. Zwei Kinder sind daraus entstanden. Im fünften Lebensjahrzehnt angekommen hat die Frequenz der Liebesbekundungen spürbar abgenommen. Der Sex wurde auf Null reduziert. Man zieht die Kinder verantwortungsvoll groß und lebt so vor sich hin. Wäre da nicht der Seitensprung von Louise, die ernsthafte Spannungen auslöst. Sie entschließen sich zu einer Eheberaterin zu gehen, um den eigenen Ehe-Brexit zu verhandeln. Wo ist ihre Zukunft nur geblieben? Warum haben sie sich überhaupt kennengelernt? War ihre Ehe nur so ein Ausflugsdampfer, der wieder in den Hafen einläuft? Ist Sex in der Ehe nur so ein Newton-Pendel, das nach einer Prickelphase eines Tages stillsteht? Das Ganze passiert sehr passend in der „Bar“ des Theaters, wo geschätzt 60 Besucher Platz finden. Hier treffen sich Louise und Tom jeweils vor ihren Therapiesitzungen, um ihre Ehe aufzuarbeiten, sich mit den Problemen zu befassen, mitten unter den Besuchern, also ganz nah dran. Er fühlt sich nicht besonders gut, ständig von ihr anhängig zu sein und nicht mit ihr schlafen zu wollen, während sie sich ebenso ihrer Schuld bewusst ist. Das ist die Ausgangslage. Immerhin reden sie noch miteinander. Die Scheidung hat man im Hinterkopf, versucht aber einen anderen Weg zu finden, einen positiveren. Dieser schmerzhafte Prozess führt dazu, dass man zwar die Dinge anspricht und auch die Pfeile abschießt, aber geschrien wird nicht. Ohne Ironie und Sarkasmus geht es aber nicht, was dem Stück den guten Humor verleiht. Gewalt und Tränen beobachtet man nur bei anderen Paaren, die bei der Eheberaterin aus und ein gehen, eine stets willkommene Ablenkung während des schwierigen Austauschs im Café. Gehen die Argumente aus, so schweift man ab, beobachtet man die Leute oder redet über die Kinder. Die Sidekicks führen dazu, dass auch andere wichtige Themen zu Sprache kommen, fast schon philosophisch. Möchte man getrennt alleine sterben und wie? Lieber am Herzinfarkt oder an Krebs? Wäre die neue Partnerin oder der neue Partner wirklich die bessere Wahl? Man gleitet ab ins Hypothetische. Dabei hört man sich genau zu, stellt sich unangenehme Fragen, was auch zu zeitweiliger Distanz im Raum führen kann. Die Verwendung von Metaphern ist ein wichtiges Element ihres sehr guten Dialogs. Man lauscht ihnen gerne, wenn sie über kleine Satzergänzungen wie ein „Na, ja“ diskutieren. „Was meinst du damit?“ Man trifft nicht immer die richtige Formulierung, muss verbal nachjustieren, erklären und die Wogen wieder glätten. Dramaturgisch ist es ein spannendes Wellental an mehr oder weniger kontrollierten Emotionen. Die Anspannung ist Louise und Tom anzumerken, aber auch der Wille nicht alles einfach so wegzuwerfen. So wirkt dieses Vorgespräch wie die eigentliche Sitzung bei der Eheberaterin, die als Person nie auftaucht. Die Beiden haben eher den Eindruck, dass sie ihnen nicht wirklich helfen kann, nur sie sich selbst. Dieses sehr gelungene Stück ist ein Musterbeispiel, wie man eine eingeschlichene Ehekrise ablegen kann und sich die Entscheidung, geheiratet zu haben, wieder bewusst macht. Schauspielerisch ist es hervorragend gelöst. Regina Leenders und Jens Schnarre, beide neu im Emseble, geben ein spannendes Paar ab, während die zehn Szenen klar abgetrennt sind. Dieses Stück ist nicht nur für gestresste Ehepaare beste Unterhaltung. Datum: 19. Oktober 2022 theater-oberhausen.de |
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