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Ballett 'Smile' im Aalto Theater in Essen
Mit dem Ballettabend „Smile“ ehrt das Aalto Theater in Essen den größten Schauspieler der Filmgeschichte, Charlie Chaplin. Die Inszenierung ist ein echtes Meisterwerk, eine bezaubernde Hommage an den Menschen und Künstler Chaplin, die im klassischen und modernen Stil dargeboten wird, sowie ein extrem facettenreicher Abend. Es choreografierten Ben Van Cauwenbergh und Armen Hakobyan.

Keiner war oder ist wie Charlie Chaplin (1889-1977). Die Rolle des Tramps verkörperte er unnachahmlich gut. Er überzeugte als Schauspieler, Regisseur, Komponist seiner eigenen Filmmusik und kritischer Geist, kurz, ein Genie. Mit fünf Jahren betrat er erstmals die Bühne, vertrat seine Mutter, die ihren letzten Auftritt hatte, weil ihr als Varieté-Künstlerin die Stimme versagte. Der Theaterchef holte ihn spontan auf die Bühne. So begann eine Weltkarriere. Über 80 Filme drehte Chaplin, die meisten davon auch als Regisseur, denn viele seiner Kollegen waren ihm nicht gut genug. Bereits 1918 hatte er sein eigenes, modernes Filmstudio. Die Idee des Tramps kam ihm 1914, als er überlegte, wie er sich für eine Rolle schminken sollte. Da kam ihm die Figur mit Melone, Spazierstock, Schnauzbart, weiter Hose, zu großen Schuhen und wackelndem Gang in den Sinn. Es war eine geniale Idee und der Aufstieg aus einem Elendsviertel in London auf die große Kinoleinwand in Hollywood. Die Queen schlug ihn sogar zum Ritter.

Gibt es ein größeres Thema für die Bühne als dieses? Ben Van Cauwenbergh wurde durch seine Mutter darauf aufmerksam, als sie ihm eine Chaplin-Filmsammlung schenkte. Der Abend war geboren, mit Armen Hakobyan als Co-Choreograf. Dieser verkörpert einen komplett anderen Tanzstil, eher modern und abstrakt, ohne jedoch das typische Aalto-Publikum vor den Kopf zu stoßen. Beide Stile harmonieren und vermischen sich durchaus gut miteinander. Man fühlt sich häufig wie in einem getanzten Stummfilm, der in Farbe und live vor einem abläuft. Schon früh merkt man, dass dies eine ganz besondere Vorstellung werden wird. Das Publikum ist extrem konzentriert bei der Sache, denn es gilt auf jedes Detail zu achten, auf die Mimik und Gesten, eben wie im Stummfilm. Manche Gags sind extrem kurz, aber klasse. Es gibt auch Filmszenen auf diversen Vorhängen, die sehr geschickt eingesetzt werden. Das Bühnenbild ziert ein großer Chaplin-Kopf, der zwischen Gesicht (Chaplins Mimik) und Schädeldecke (Chaplins großer Geist) geteilt werden kann. Dementsprechend spielt man geschickt mit dem Licht und Filmstreifen zieren die Bühnenwände.

Aufgebaut ist der Abend thematisch, nicht chronologisch. Die Frauen hatten es ihm angetan. Seine romantische Seite wird wird sehr schön dargestellt, egal ob bei der blinden Frau (Mariya Tyurina), der Tänzerin Anna Pawlowa (Yuki Kishimoto) oder seinem großen Schwarm, Josephine Baker. Ihre Szene ist ganz sicher ein Höhepunkt des Abends, klasse dargestellt von Larissa Machado. Die Rolle des Chaplin verkörpert ausgezeichnet Davit Jeyranyan. Der berühmte Boxkampf darf nicht fehlen, wie auch die Blue Moon Bar oder der Slapstick-Sturz von der Bühne als Schockmoment zur Pause. Die TänzerInnen tauchen plötzlich aus dem Orchestergraben auf und die Ebenen der Bühne werden geschickt eingesetzt. Selbst ein echter Hund ist mit dabei und ganz viel guter Humor. Der Filmlöwe im Käfig wird kurz angedeutet.

Es ist ein fantastisch choreografierter Ritt durch sein filmisches Schaffen und sein Leben mit Höhen und Tiefen, mit dabei Szenen aus „City Lights“, „Limelight“, A dog's Life“, „Modern Times“, „Chaplin“, „The Circus“, „The Kid“ und natürlich „The great Dictator“. Chaplins Rede an die Welt wird tänzerisch modern unterstrichen. Richtig gut, und mit dem größten Applaus am Ende, wird ein etwa 10jähriger Junge bedacht, der hervorragend auf der Bühne mitmischt. Schüler des Fachbereichs Tanz am Gymnasium Essen-Werden ergänzen die Choreo gekonnt. Zum Tänzerischen muss man nicht viel sagen, alles sehr athletisch. Die Körperspannung stimmte, wie auch Mimik und Ausdruck.

Musikalisch vermischt man gekonnt Chaplins Filmmelodien mit Nummern von Louis Armstrong, John Barry, Léo Delibes, Bobby McFerrin, Richard Wagner, Beethoven, Johann Strauß oder Tom Waits. Das funktioniert tatsächlich. Ein riesiges Lob ist für die Live-Begleitung am Flügel durch Boris Gurevich auszusprechen. Hervorragend, wie er die Filmmelodien interpretiert. Da braucht es manchmal gar nicht mehr als nur das Klavier. Die Töne von „Smile“ begleiten einen als geistiger Soundtrack auf dem Weg nach Hause.

Am Ende hatte sich der Titel des ausverkauften Premierenabends in die Gesichter der BesucherInnen eingebrannt, „Smile“. Stehende Ovationen und jede Menge Beifall waren der Dank für diese wunderbaren Momente. Wer dieses Meisterwerk sehen möchte, der sollte sich sputen. Alle bisher angesetzten Vorstellungen sind schon sehr gut nachgefragt bis ausverkauft. Einfach mal die Augen aufhalten, ob evtl. noch Extratermine angesetzt werden.

Datum: 15. April 2023 (Premiere)

www.theater-essen.de