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Schauspiel 'Der gute Mensch von Sezuan – Die Ware Liebe' im Grillo Theater in Essen
„Der gute Mensch von Sezuan – Die Ware Liebe“ ist im Grillo Theater die zweite Produktion der neuen Spielzeit. Die Regie von Sapir Heller kann als darf man durchaus als sehr gelungen bezeichnen. Sie hat den klassischen Stoff sehr bildhaft und gut ins zeitgenössische überragen. Aktuelle Probleme wie Inflation und die Schere in der Gesellschaft werden deutlich wiedergegeben.

Es ist ein üppiges Bühnenbild. Projektionen eines prall gefüllten Supermarktes, ein Sinnbild für Wohlstand, sind sind Teil der Symbolhaftigkeit der Inszenierung. Ein Einkaufswagen voll Leergut erinnert parallel an Flaschensammler. Die Kostüme als überdimensionierte Verpackungen hat man ausgezeichnet gewählt. Der reiche Vermieter steckt im fetten Käse, das Elend im Müsli oder in der Knabberbox. Recht früh können die beiden schön kostümierten Götter ins Spiel. Sie sollen der verwirrten Gesellschaft Moral und Anstand vermitteln. Mitmenschlichkeit und Hilfsbereitschaft steht ganz oben auf ihrer Agenda.

Die Ware Liebe als Untertitel wird gut herausgearbeitet, denn die gute Shen Te lebt zunächst von der Prostitution, ehe die Götter eingreifen. Doch ihr neu gewonnener Wohnstand führt auch dazu, dass sie ständig angebettelt wird, zu gut ist für die reale Welt. Sie wird als der Engel der Vorstädte betitelt. Ihre Doppelrolle als ihr Vetter Shui Ta, in einem harten Echsenpanzer daher kommend, lebt sie in der Folge parallel. Sie entdeckt den Reichtum, sorgt selbst für Elend und Unterdrückung. Die Gegensätze des Handelns werden sehr deutlich dargestellt. Aus Freunden und Bittstellern werden Ankläger. Die Gerichtsverhandlung entwickelt sich zu einer Zusammenfassung ihres Handeln in ihrer Doppelrolle.

Ist eigenes Unrechtsbewusstsein erlaubt? Kann man dem Elend durch gutes Handeln entfliehen oder muss man knallhart und egoistisch denken, um zu überleben? Wird aus der Liebe nur noch ein an der Vernunft orientiertes Handeln? Ist Geld wichtiger als echte Liebe? Das Stück stellt Fragen an das Publikum, die es am Ende selbst zu beantworten kann, denn die Götter scheinen auf dieser Erde überfordert zu sein. Es ist ein Stück zum Nachdenken über das soziale Gewissen. Klassische Zeilen und neue, zeitgenössische Sprache, inklusive witziger Passagen, werden passend kombiniert. Der Klassiker wird durch gute Dialoge neuzeitlich und brandaktuell aufgebrochen. Die Inszenierung ist zu keinem Zeitpunkt langweilig, wählt das richtige Tempo. Neben den bekannten Gesichtern entdeckt man zudem gute neue SchauspielerInnen.

Musikalisch hat man sich an Brecht orientiert, aber auch mal ein Club-Sound eingebaut. Live wäre es besser gewesen. Die Hamburger Band „Tante Polly“ fehlte irgendwie als lieb gewonnene Theaterband.

Datum: 16. September 2023

www.theater-essen.de