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Das Theater Oberhausen begibt sich mit der großartig gelungenen Uraufführung von „Die Wahrheit über Leni Riefenstahl“, verfasst von John von Düffel, in die dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte. Intendantin Kathrin Mädler hat das schwierige Thema exzellent inszeniert. Die Nazi-Zeit und Hitler, das sind oft Gratwanderungen für Theatermacher, die auch gerne mal misslingen. Wie stellt man Hitler dar und in welche Kostüme steckt man sie? In Oberhausen werden sie als Machtmenschen gezeigt, die in erniedrigter Art und Weise zu erleben sind. Leni wickelt sie mühelos um ihren Finger, um Ruhm als Filmemacherin und Schauspielerin zu erlangen. Ein einsamer Hitler ist froh sie in seiner Nähe zu haben. Goebbels versucht sie vor seine Propaganda zu spannen. Beide tragen weder eine typische Nazi-Uniform oder ein Hakenkreuz. Dieser Spagat ist Kathrin Mädler geschickt gelungen. Interessant ist die Entscheidung, zwei Hitler (Torsten Bauer und Philipp Quest) und drei Lenis, eine junge (Maria Lehberg), eine reifere (Ronja Oppelt) und eine alte (Anke Fonferek), auftreten zu lassen, teils einzeln oder auch alle gemeinsam. Das passt ausgezeichnet. Da kommentiert die 85jährige Leni am Bühnenrand oder per Kameramikrofon mimisch das Verhalten der jüngeren Lenis. Beide Seiten, die Macht und der Film, spielen miteinander und haben doch nur ihren Vorteil im Sinn. Leni Riefenstahl war nach den Zweiten Weltkrieg bekannt dafür, ihre Rolle im Dritten Reich nach belieben selbst zu fälschen. Sie sah sich maximal als nichts ahnende Mitläuferin, die völlig unpolitisch dachte, niemals Drogen nahm, sich nur ihrer Kunst widmete und das Wort Krieg nicht einmal dachte. Teil 1 behandelt Lenis Umgang mit den Nazi-Größen und ihre Filmkarriere. Nach der Pause wird nach der Wahrheit ihrer Biografie gefragt. Was wusste sie tatsächlich von Konzentrationslagern? Hat sie Insassen als Statisten für ihre Filmtätigkeit missbraucht? Alles beginnt mit einem Brief von Leni an Adolf Hitler. Sie möchte ihn einmal treffen. Er ist noch nicht an der Macht, aber von ihrer Art zu tanzen fasziniert und geht auf ihr Gesuch ein. Von diesem Zeitpunkt an ist sie in den Fängen der deutschen Nazi-Elite. Sie genießt die Nähe zur Macht, während die Gegenseite nicht nur an ihrem künstlerischen Talent interessiert ist. Ob auch körperliche Liebe im Spiel war, das lässt sich schwierig beweisen. Jedenfalls ist den Mächtigen sehr bewusst, dass man mit Bildern vortrefflich inszenieren kann. Leni Riefenstahl hat nicht nur den offiziellen Olympiafilm 1936 gedreht, sondern auch die Propaganda nicht ausgelassen, wenn das Geld stimmte. Sie traf Hitler auf dem Obersalzberg und übernachtete in seiner Privatwohnung in München. Leni pflegte sehr enge Kontakte nach ganz oben. Manch einer titulierte sie auch als Frau Hitler, so nahe und war sie den Mächtigen. Nach der Pause beginnt das Stück mit einem wichtigen Teil ihrer Filmtätigkeit, Hitlers Lieblingsoper „Tiefland“, die sie verfilmen soll. Hier wurden damals Insassen von KZs als Statisten eingesetzt, um sie anschließend, ohne eine Gage zu bezahlen, nach Auschwitz zu transportieren. Nina Gladitz war es später, die sich zur Aufgabe machte, die noch lebende Leni Riefenstahl, die tatsächlich 101 Jahre alt wurde, filmisch mit der Wahrheit zu konfrontieren, ihr das selbstgewählte Image vom Gesicht zu reißen. Leni überzog sie nicht nur sie mit einem Prozess und gewann. Als Filmemacherin war Nina Gladitz anschließend vernichtet. Wunderbar wird die eigene Geschichtsfälschung in einer Talkshow mit Alice Schwarzer deutlich, in der die dreifache Leni in jeweils einem roten Galakleid das Heft in die Hand nimmt und wie in einer Revue ihr früheres Handeln komplett verharmlost. Das alles geschieht hinter einem Portal, das dem von Auschwitz sehr ähnlich ist. Die Gegensätze von Wunsch und Wirklichkeit kann man kaum besser und deutlicher aufzeigen. Bühnenbild und Kostüme (beides Mareike Delaquis Porschka) sind sehr gut gelungen, ebenso das Licht. Alles auf der Bühne ist bis ins kleinste Detail durchdacht und extrem gelungen. Nichts wirkt überdreht, auch kein Hitler-Auftritt. Geschmunzelt werden darf auch, wobei der Ernst des Stoffes dem Betrachter stets präsent ist. Schauspielerisch sprüht das Ensemble auf der Bühne vor Spielfreude. Niemand fällt ab. Lediglich Ronja Oppelt sticht durch ihre lebendig-frische Art mimisch etwas hervor, wie auch Anke Fonferek, die ihre ganze Bühnenerfahrung nutzt. Eine Besonderheit hat man sich für die finale Verbeugung ausgedacht. Um nicht die Figur der Leni Riefenstahl oder die Nazi-Elite Applaus zu spenden, lässt man den Vorhang herunter, damit sich alle Beteiligten davor als SchauspielerInnen feiern lassen dürfen. Das Premierenpublikum wusste die Darbietung mit einem langen Applaus sehr zu schätzen. Ein richtig klasse Stück. Datum: 3. Februar 2023 theater-oberhausen.de |
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