abenteuer-ruhrpott.info Aktuelles abenteuer-ruhrpott.info
Freizeittipps
Veranstaltungen
Ausstellungen
Bücher / Musik
Kontakt
Impressum
Musiktheater 'Die Erdfabrik' der Ruhrtriennale 2023 in Duisburg
Mit der Uraufführung „Die Erdfabrik“ präsentiert die die Ruhrtriennale eine abstrakte Mischung aus Konzert und Performance, eine akustisch-visuelle Installation. Die Komposition von Georges Aperghis sowie der Text von Jean-Christophe Bailly sind anspruchsvoll und passen sich thematisch der Region an.

Es ist ein Gedankenspiel, welches jeder Gast für sich selbst deuten soll. Georges Aperghis wirft mit seiner Art der Komposition bewusst Fragen auf. Rund hundert Seiten an Noten hat er in seiner Partitur zu Papier gebracht, inklusive weißer Stellen für die Perkussion, die Christian Dierstein und Dirk Rothbrust u. a. mit einer Steinmaschine, einem Amboss, Ketten oder Schlaginstrumenten gekonnt erzeugen. Man hat im Vorfeld über zwei Jahre lang sich mit Georges Aperghis eng ausgetauscht und Klänge regelrecht erforscht. Spannend ist die Trompete von Marco Blaauw, der mit ihr völlig ungewohnte Töne zaubert. Diverse Zusätze machen es möglich. Den Kontrabass spielt Sophie Lücke. Als klassische Musikerin musste auch sie sich an die Partitur gewöhnen. Die Stimme von Donatienne Michel-Dansac begleitet fragmentiert die Aufführung durch Wörter und Silben, die teilweise keine erkennbare Bedeutung haben und auch nicht haben sollen. Nach allem Experimentieren scheint nun die Abstimmung der Töne aus Stimme sowie diversen klassischen und außergewöhnlichen Instrumenten perfekt abgestimmt zu sein. Man ist gut aufeinander eingespielt.

Inhaltlich geht es um eine Reise ins Erdinnere, die als Bild verstanden werden soll, welches jeder in seinem Kopf selbst malen darf, auch wenn die schön animierten Illustrationen von Jeanne Apergis optische Unterstützung liefern. Eine vorgegebene Geschichte soll es nicht sein, die erzählt wird. Jeder formt seinen Eindruck individuell. Ganz sicher geht es aber unter die Erde, wo die Bergleute die Kohle fördern. Das war die erste Assoziation von Georges Aperghis zum Ruhrgebiet, als man an ihn mit dem Wusch der Auftragsarbeit herantrat. Es gibt Stollen und prähistorische Höhlen. Illustrationen ähnlich von Felszeichnungen verdeutlichen diese Idee. Man vernimmt typische Geräusche. Hier unten ist es Dunkel und Angst einflößend. Nur die Kohle hat das Licht der überirdischen Pflanzen in sich, aus der sie einst entstand. Der Mensch wird hier unter den großen Gesteinsmassen gefühlt noch kleiner. Ein Gedicht von Annette von Droste-Hülshoff und zwei Texte von Jean-Christophe Bailly werden von dem MusikerInnen hörenswert zitiert. Die bildhafte Szenerie wirkt eher düster. Die überirdisch dunkle Nacht spiegelt sich unter der Erde wieder. Strukturen werden irgendwann nicht mehr sichtbar, verschwimmen. Das aktuelle Erscheinungsbild der Gesellschaft ähnelt der Bühnenthematik hier und da. Gegen Ende des Stücks hat man Eindruck, dass sich die Menschheit auslöscht, die Pflanzen mit ihren Wurzeln ihr unterirdisches Reich zurückerobern und eine neue Welt erbauen. Es wirkt dystopisch, auch wenn der Komponist durchaus einen optimistischen Hoffnungsschimmer eingebaut hat.

Es ist ein Abend, den man auf sich wirken lassen sollte. Die Darstellung ist wirklich außergewöhnlich. Diese Inszenierung passt in kein bestehendes Genre. Fest steht aber, dass alle Künstler auf der Bühne absolut konzentriert bei der Sache sind, was auch dringend notwendig erscheint, bei der Komplexität der Komposition.

Datum: 12. August 2023

www.ruhrtriennale.de