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Emscher-Exkursion durch das mittlere und östliche Ruhrgebiet
Im Rahmen seiner neuen Emscher-Ausstellung bietet das Ruhr Museum spannende Exkursionen zum Umbau der Emscher an. Im Zusammenarbeit mit der Emschergenossenschaft und des Lippeverbandes ging es per Bus acht Stunden lang durch das mittlere und östliche Ruhrgebiet zwischen Castrop-Rauxel und Gelsenkirchen.

Seit 30 Jahren ist man dabei, die einstige Kloake in einen renaturierten Fluss zu verwandeln. Auf 51 km zwischen Dortmund und Dinslaken befinden sich in 40 m Tiefe riesige Abwasserkanäle, die das Schmutzwasser zu den Klärwerken transportieren, von denen es nach EU-Richtlinien sauber in die Emscher abgelassen wird. Dazu benötigt es Pumpwerke und Hochwasser-Rückhaltebecken, um das neue System der neuen Emscher funktionsfähig zu halten.

Die erste Station war die Kläranlage Lünen-Sesekemündung. Sie ist von 1967, wurde aber zwischen 2001 und 2004 für 47 Mio. Euro umgebaut und erweitert. Heute erfüllt sie mit ihrer mechanisch-biologischen Klärtechnik und nur neun festen Mitarbeitern neuste Standards. Das Wasser durchläuft den Grobrechen, das Hebewerk, den Feinrechen, einen Sandfang, bis es über das Vorklärbecken in das Belebungsbecken gelangt. Bakterien machen hier ihre Arbeit, sind die besten Helfer des Menschen. Über das Nachklärbecken fließt das Wasser in die Emscher. Das Faulgas sammelt man in großen Behältern, verbrennt es und gewinnt daraus Energie für den Betrieb der Kläranlage. Alles bekommt man nicht aus dem Abwasser. Medikamentenreste sind noch immer ein Problem. Also bitte keine abgelaufen Medikamente über das WC entsorgen.

Weiter fuhr man zum Phoenix-See in Dortmund-Hörde. Einst wurde hier Stahl gekocht. Heute lebt man dort entlang des Seeufers und am grünen Ufer der Emscher. Ganz schmal schlängelt sich hier die Emscher, abgetrennt vom maximal 4 m tiefen See, entlang. Tritt die Emscher bei Starkregen über die Ufer, so ergießt sie sich in den See, der als Hochwasser-Rückhaltebecken für 1 Mio. Liter Wasser fungiert. Letztes Jahr, am 14. Juli, war dies einmal der Fall. Auf die gute Qualität des Seewassers hatte dies keinen negativen Einfluss. Es fließt übrigens mehr als nötig Grundwasser in den See. Die Tallage macht es möglich. Der Pegel bleibt auch bei Dürre stabil. An der Emscher wird heute nicht nur Wein angebaut, es siedeln sich auch wichtige Pflanzen und Tiere, wie Stichlinge oder Schilfrohrsänger, an. Der aktuelle ökologische Zustand ist jedoch nur ein Zwischenzustand. Das Emscher-Projekt wird sicher noch Jahrzehnte andauern.

Die dritte Station war das Hochwasser-Rückhaltebecken Emscher-Auen in Castrop-Rauxel. Einst wuchs hier Mais. Die Monokulturen kaufte man dem Bauern ab, den Hof von 1860 musste man mit erwerben. Der geplante Abriss blieb aus. Heute ist er eine willkommene Einkehr z.B. für Radtouristen. Im Hochwasser-Rückhaltebecken hat man 2 Mio. Kubikmeter Erdreich ausgehoben, für ein Fassungsvermögen von 1,1 Mio. Kubikmeter Wasser. Ökologisch hat sich das Gelände deutlich verbessert. Das Betriebsgebäude ist ein Aussichtsturm, der Architekturpreise gewonnen hat. Die Anwohner sollten einen schönen Anblick haben. Insgesamt etwa 30 Mio. Euro hat dieses Projekt bereits gekostet. Es wird in naher Zukunft noch optimiert. Die Teilbecken werden durch die Entfernung einiger Erdwälle miteinander verbunden. Damit muss sich die ökologisch Seite wieder neu orientieren. Arten verschwinden eventuell, andere kommen neu hinzu. Das ökologische Gleichgewicht überlässt man der Natur. Gewisse Tierarten werden nicht bewusst angesiedelt.

Der letzte Punkt der Busexkursion war das 2019 fertiggestellte Pumpwerk in Gelsenkirchen. Hier werden sechs Mio. Badewannen Abwasser mittels elf Kreiselpumpen, mit einer Leistung von umgerechnet 6.800 PS, pro Tag 26 Meter hochgepumpt. Der Bau ist wirklich imposant. Drinnen im Pumpenraum sind die Dimensionen enorm. Rund um die Uhr wird hier gepumpt, zu den Kläranlagen nach Bottrop oder Dinslaken. Meistens befindet sich aber kein Mitarbeiter auf dem Gelände. Direkten Kontakt mit dem Abwasser hat man sowieso nicht. Alles wird digital aus Bottrop gesteuert und überwacht. Nur in Notfällen, wenn z.B. ein großes Teil ein Rohr verstopft ist oder eine Besuchergruppe kommt, wird Personal geschickt. Ziel ist es sogar, solche modernen Anlagen über einen Laptop von zuhause im Homeoffice aus zu überwachen. Die technischen Verantwortlichen sind davon nicht sehr begeistert. Es ist eines von drei neuen Pumpwerken, neben Bottrop und Oberhausen. Man kann es im Rahmen von angefragten Führungen besuchen. Den Blick in die 36 m in die Erde ragenden Tiefbauteile sollte man sich nicht entgehen lassen. Es sind riesige Ausmaße, die dort verbaut wurden. Größe hat auch ihren Preis. Ungefähr ein Megawatt verbraucht die Anlage an Energie, so viel wie etwa ein ganzer Stadtteil im Ruhrgebiet. Mit rein regenerativen Energien kann man hier nichts anfangen. Da braucht es schon große Kraftwerke, die den Strombedarf decken müssen. Die Alternative wäre eine wieder mit Abwässern belastete Emscher, was keiner mehr möchte.

Der Emscher-Umbau ist noch nicht abgeschlossen. Besonders in Oberhausen fällt es auf, dass die oberirdische Emscher sich kaum verändert hat, noch immer in ihren Betonschalen fließt. Dort ist der Raum sehr eng. Man muss hier andere Maßstäbe und neue Formen finden, der Natur wieder eine Chance zu geben. Bis 2030 möchte man so weit sein.

Es ist ein spannendes Projekt. Die EGLV (Emschergenossenschaft und Lippeverband) bieten angemeldeten Gruppen und Schulklassen Führungen und Exkursionen an. Man kann hier jede Menge über den Weg unseres Abwassers und die Emscher lernen. Dabei muss man sich nicht einmal die Nase zuhalten. Selbst in der Kläranlage atmet man beinahe frische Luft.

Datum: 15. September 2022

www.eglv.de