Das 47. „ComedyArts Festival“ in Moers ist sehr gut gestartet. Die jungen Wilden gaben am Festival-Freitag den Ton an. Vor der Zukunft des guten Humors muss uns nicht bange sein. Es tut sich was in Moers. Das „ComedyArts Festival“ geht neue Wege. Man hat die Fahne des Entdecker-Festivals gehisst. Der Freitag war ein erster Vorgeschmack darauf, was die nächste Jahre das Publikum zu erwarten hat. Sechs außergewöhnliche Talente, überwiegend der U30-Genaration, präsentierten ihr Können und ihren guten Humor. Durch das Programm führte sehr unterhaltsam Negah Amiri. Die 30jährige persischer Herkunft spricht nicht nur die junge Generation an. Auch die Älteren können ihr folgen. 2005 floh sie mit ihren Eltern aus dem Iran. Sie sollte sich frei entscheiden können, ein Kopftuch zu tragen oder nicht. Dabei tauschte sie die islamische Mädchenschule mit einer deutschen Hauptschule, mit 90% Ausländeranteil. Negah Amiri plädiert dafür, einfach mal öfter Nettigkeiten mit seinen Mitmenschen auszutauschen, egal welche Sprache man spricht. Ein Lächeln kann schon Wunder wirken. Trotzdem ist sie noch immer Single, für Perser fast schon ein Skandal. Leider traf sie häufig starke Männer ihrer eigenen Kultur, die mit den dicken Autos, die aber noch bei ihrer Mama wohnten. Ein erstes Ausrufungszeichen war Khalid Bounour, der zehn Geschwister hat. Man kennt ihn noch als den Moderator von Rebel Comedy. Nun ist er solo unterwegs, und wie. Klar, es gibt Klischees über Ausländer, von Shisha-Bars bis hin zu Messern, die ganze Palette des Strafgesetzbuchs. Man hat mit so einem Namen kaum eine Chance auf den Arbeits- oder Wohnungsmarkt. Auch auf Ämtern haben Brigitte oder Helmut alle Chancen, während er zunächst als Bombenleger klassifiziert wird. Selbst im Kindergarten wurde er zunächst mit Ali und Mohammed bekannt gemacht. Er sieht es mit Humor, denn daran wird sich so schnell nichts ändern. Mit Gromic aus Belgien kam ein Gast nach Moers, der den feinen Humor jenseits der Sprache vorzüglich beherrscht. Er arbeitet mit einem Hut, einer Stange, einem Mantel oder einem magischen, weißen Bettlaken. Man kann ihn als Clown, Pantomime und eine spezielle Art von Illusionist bezeichnen. Da werden auch gerne man zwei Gäste mit in seine Zauberei mit einbezogen. Wunderbar und urkomisch nimmt er die wahren Illusionisten dabei aufs Korn. Sein Humor hat sicher auch die alten Stummfilm-Heroen als Vorbilder. Er erhielt den NRZ-Förderpreis für innovative Künste. Selbst bei der Preisverleihung ließ er es sich nicht nehmen, die Laudatio humoristisch zu begleiten. Sehr gut. Nach der Pause betrat Teresa Reichl die Bühne. Sie wuchs auf einem urbayerischen Dorf an der Isar auf. Bereits in der 5. Klasse spielte sie Hauptrolle in einem Horror-Musical. Lügen zählt sie zu ihren Stärken. Sie ist der Meinung, dass Lügen für außergewöhnliche Kinder wichtig sind, um als „Normal“ zu gelten. Finden sich in der Gesellschaft nur ein paar Leute zusammen, die eine Unwahrheit verbreiten, so mutiert ein Lüge zur neuen Wahrheit. Sie lieferte interessante Denkansätze zur Entstehung von Lügen und Fake-News, die Geschichten der Bibel inklusive. Zu ihr stieß Lara Ermer. Gemeinsam reflektierten sie in einem Text die Rolle der Frau, wie sie sie einordnen und wie manche Männer es immer noch gerne hätten. Lara ging übergangslos in ihr Sologramm über. Ja, sie hat ein Buch über Sex geschrieben, nachdem das Thema in ihren Vorträgen so gut ankam und sie auch mal Sex-Comedy vor SchülerInnen einer 8. Klasse im Bio-Unterricht präsentieren durfte. Sie scheint sich gut auszukennen, auch was das entsprechende Spielzeug in Online-Shops betrifft und scheut ebenfalls nicht vor dem Thema Frauenarzt zurück. So sind die Männer auch mal im Bilde. Das Finale bildete großartig Tony Bauer aus Duisburg-Marxloh, dem Gullyloch mit Brautmodengeschäften, so das Image. Er spricht den Slang seiner Heimat und flirtet auch gerne mit dem Publikum in den beiden ersten Reihen. Da saßen tatsächlich junge, männliche Mitbürger seiner Heimatstadt, die ihm im Dialog nicht ausweichen konnten. Manche Wahrheiten müssen manchmal sein. Tony Bauer ist ein ausgezeichneter Beobachter von Menschen und Alltagssituationen, egal ob Fitnessstudio, die Frau auf hohen Hacken, die sehr treffende Konversation der Ruhrpott-Omi am Fenster oder einige andere Situationen. Er transformiert diese Momente wirklich klasse mit gutem Humor. Die jungen Wilden sind auf einem positiven und frischen Weg, die Beckers und Schmicklers dieses Genres langsam zu verdrängen. Sie verwenden dabei eine andere Sprache, die ihrer Generation, und testen die Grenzen aus. Dabei passt der Humor schon ganz gut. Es hat Spaß gemacht ihnen zu lauschen. Mit der diesjährigen Ausgabe verabschiedete sich der künstlerische Leiter Carsten Weiss und übergab den Staffelstab an die neue Festivalleitung Caroline Peiter und Stefan Basso. Datum: 15. September 2023 comedyarts.de |