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Diskussion zur Zukunft des Krankenhauses mit der Brost-Stiftung auf Zollverein in Essen
Unser Gesundheitssystem ist in keinem guten Zustand. Probleme wie Personalnotstand, Überarbeitung, schlechte Bezahlung, nicht selten schlechte Pflege, zu alte Geräte sowie wirtschaftliche Probleme von Kliniken werden häufig diskutiert. Die Brost-Stiftung hat sich im Rahmen einer Diskussionsrunde auf Zollverein der Frage nach dem Krankenhaus der Zukunft angenommen.

Den Anfang machte Prof. Bodo Hombach, Vorstandsvorsitzender der Brost-Stiftung und Präsident der Brost-Akademie, mit einem sehr gut formulierten Eingangsbeitrag. Die Kritik an Bundesgesundheitsminister Lauterbach und dem aktuellen Zustand war nicht zu überhören, Bissig und mahnend sprach er über die Bevölkerungsverdrossenheit der Entscheider, wo kluge Antworten Mangelware sind. Versuch und Irrtum lautet das Motto. Man müsse es bezahlbar und besser machen, ohne es aus der Kurve zu schleudern. Selbst Hustensaft sei ein seltenes Gut geworden. Er kritisierte die völlige Ökonomisierung. Wir sollten weniger aufs Profitieren blicken. Welches Menschenbild ist nötig? Sachliche und menschennahe Therapien sind wichtig. Die Fieberkurve liegt vor, die Symptome sind klar. Viel Applaus gab es für diesen Beitrag im Erich-Brost-Pavillon auf dem Dach der Kohlenwäsche auf Zollverein.

Es folgte eine Diskussion mit Karl-Josef Laumann, Prof. Dr. Andreas du Bois und Dr. Gundula Werner über das Krankenhaus der Zukunft. NRW-Landesgesundheitsminister Laumann referierte über seine Ideen, einen neuen Krankenhausplan aufzustellen. Von 2005 bis 2010 gab es in NRW keine konkrete Krankenhausplanung. Er möchte nicht mehr nach der Anzahl der Betten planen, sondern bevorzugt ein Schweizer Modell, welches in Leistungsgruppen und Leistungsbereiche aufgeteilt ist. Jedes Krankenhaus soll diese schon bald zugeteilt bekommen. Bisher gibt es zu wenige Spezialisten und hier und da zu wenig Qualität. Veränderung von Strukturen, Technik und Personal sind nötig. Drei Jahre Arbeit in Zusammenarbeit mit Ärztekammer, Pflegekammer und Kostenträgern haben 64 Leistungsbereiche mit entsprechenden Qualitätskriterien erbracht.

Die Bundesregierung hat ähnliche Ziele im Koalitionsvertrag verankert, orientiert sich an NRW. Trotzdem gibt es Dissonanzen. Wer bestimmt, Land oder Bund?, Wer ist für was zuständig? Das Land ist für den Krankenhausplan zuständig. Laumann ergänzte, dass keine nicht demokratisch legitimierten Menschen inhaltlich mitbestimmen sollen. Auch eine Bundesschablone hält er für wenig hilfreich. Nicht mal in NRW ist eine Schablone möglich, denn ländliche Regionen arbeiten oft mit hoher Qualität, aber weniger Breite. Da muss verhandelt werden, wer welche Leistungsgruppe anwenden darf. Zudem verändert medizinischer Fortschritt permanent die Qualitätskriterien. Schwarze Zahlen sind für jedes Krankenhaus wichtig. Es wird auch Schrammen geben, Konsequenzen für das Personal. Die Menschen muss man bei Veränderungen mitnehmen. Ende 2024 soll sein Krankenhausplan durch sein. 2,5 Mrd. Euro stehen dazu zur Verfügung, was allerdings bei dem großen Nachholbedarf noch zu wenig ist. Die Simulationen in den regionalen Planungsgebieten sind fertig. Jetzt geht es an die Umsetzung.

Prof. Dr. Andreas du Bois, medizinischer Direktor eines Essener Krankenhauses, kritisierte Lauterbachs Pläne im Detail. Er möchte keine sogenannten Level im System. Warum braucht man für eine gute Krebstherapie einen Kreißsaal oder andere dafür nicht benötigte Geräte, die aber ein gewisser Level vorschreibt? Kliniken und Fachbereiche müssten unnötig schließen und weite Wege für die Behandlung wären die Folge. Was kosten Lauterbachs Pläne überhaupt? Praktiker solle man nicht ignorieren und die Patienten nicht unnötig stressen. Spezialisierungen, Fortbildungen und Zertifizierungen sind allerdings nötig.

Man war sich einig, dass Begriffe wie „Krankenhausmarkt“ und „Kunden“ abzuschaffen sind. Das Krankenhaus ist für die Menschen da, nicht der Mensch für das Krankenhaus. Lange Zeitgeist war ebenfalls, dass Lohnsteigerungen für die Krankenhäuser oft nur zu zu 50% finanziert werden. Eine Uniklinik mit einem breitem Angebot macht immer Minus, während kleine Spezialkliniken oft profitabel sind. Eine Kombination aus Vorhaltebudget und Fallpauschalen ist geplant. Sinnlose Konkurrenzen sollen vermindert werden, während Ressourcen frei werden. Auf dem Land soll eine solide Notfallversorgung gesichert sein. Verhandlungen mit privaten Ketten wie Helios gestalten sich aber schwierig. In NRW allerdings ist es nur ein kleiner Anteil privater Träger, zwei Drittel sind kirchliche Träger. Man benötigt auch mehr Kapazitäten, wenn die Menschen älter werden. Außerdem sprach man sich gegen Gebühren für die Notfallversorgung aus. Trotzdem sind hier Reformen nötig. Manchmal sind die Ideen aus Berlin gar nicht so schlecht.

Datum: 20. April 2023

broststiftung.ruhr