Das Ruhr Museum auf dem Welterbe Zollverein zeigt die sehenswerte und sehr umfangreiche Sonderausstellung „Glückauf – Film ab! Kino- und Filmgeschichte des Ruhrgebiets“. Rund 900 Objekte aus etwa 100 Jahren werden präsentiert. Anlass ist der 100. Geburtstag der Glückauf-Lichtspiele in Essen, eines der ältesten Kinos NRWs. Das Kino war vor hundert Jahren das große Medium für die breite Bevölkerung. Besonders die Bergleute waren finanziell gut ausgestattet, um sich Kinobesuche zu leisten. Das Kino war das Theater des kleinen Mannes. 1957 gab es 500 Kinos im Ruhrgebiet, der Höhepunkt der Kinolandschaft in der Region. Mit dem Niedergang der Kohle reduzierte sich auch die Anzahl der Kinos. Bei den prachtvollen Kinobauten orientierte man sich architektonisch an bestehenden Theatern. Vier der größten Kinos in Deutschland gab es in Essen. Bedeutende Architekten waren beteiligt. Die Lichtburg ist mit ihren 2.000 Plätzen heute noch ein Musterbeispiel der Lichtspielhaus-Kultur der Nachkriegszeit. Große Premieren wurden und waren noch immer hier gefeiert. Damals kamen sogar die Stars aus Hollywood vorbei. Die Glückauf-Lichtspiele sind etwas kleiner und gemütlicher. Nach der Sanierung des Gebäudes und der Kinotechnik hat man dort jedoch wieder alle historischen Elemente eingebaut. 1924 wurde es als ein Reformkino gegründet, als Ort für sittsame Filme. Die Ausstellung zeigt die Anfänge, z.B. alte Projektoren. Die Firma Krupp war führend in der Filmtechnik, hat für seine Schusseinschlagversuche sogar die Zeitlupe erfunden, die später auch im zivilen Bereich wichtig wurde. Für Foto- und Filmdokumentation hatte man um 1900 schon 90 Mitarbeiter angestellt. Ganz am Anfang waren es ab 1897 Wanderkinos und Kneipen, die lokale Dokumentarfilme produzierten. Hugo Stinnes kaufte 1924/25 zahlreiche Kinos auf, erkannte den lukrativen Markt, verstarb jedoch bald. Filmplakate von „Metropolis“ oder „Der blaue Engel“ sind zu bewundern. Nach dem 2. Weltkrieg gab es wieder echte Kassenschlager, wie „Die Frühreifen“, mit Heidi Brühl. Die junge Romy Schneider besuchte mal einen Pütt untertage im Pott, wie ein WDR-Filmausschnitt belegt. Damals legten noch echte Plakatmaler Hand an. Die großformatige Werbung war noch kein Druck. Wer hat sonst den Film im Ruhrgebiet geprägt? Neben den alten Leuchtreklamen der Kinos finden sich alte Fotos, z.B. von Schimanski. Dazu gesellen sich Autogrammkarten und Fotos diverser Stars. Heinz Rühmann gibt es als Statue. Nicht zu vergessen sind die wertvollen Filmpreise der heutigen Stars, vom Wim Wenders, Adolf Winkelmann, Peter Lohmeyer oder Hape Kerkeling. Sie haben ihre Schränke für die Ausstellung geräumt. Klar, die Kassenschlager und TV-Erfolge sind mit dabei, wie z.B. „Das Wunder von Bern“, „Manta Manta“, „Bang Boom Bang“ oder der „Tatort“. Der Ruhrgebietsfilm ist ein spezielles Genre, häufig mit schrägen Typen. Auch die Nischen werden bedient, also alternative Filmproduktionen, Produktionen von Einwanderern mit Migrationsthemen und Dokus. Mülheim war so ein Zentrum der Avantgarde, u. a. mit Helge Schneider und Christoph Schlingensief. Heute wird vermehrt gestreamt. Aus Aushängeschild gilt hier Ramin Djawadi aus Duisburg-Rheinhausen, der als Mitarbeiter von Hans Zimmer in Kalifornien tätig ist. Er komponierte den Soundtrack für die Serie „Game of Thrones“, gewann zwei Emmys. Ein sehr umfangreiches Rahmenprogramm, mit u. a. 25 Spielfilmen, wird angeboten. Zur Ausstellung ist ein schöner Katalog im Klartext Verlag erschienen, der im Museum erhältlich ist. Zur Eröffnung im Ruhr Museum kamen Joachim Król, Peter Lohmeyer, Ralf Richter, Martin Semmelrogge, Christian Kahrmann, Jochen Nickel, Maxwell Richter, Willi Thomczyk, Peter Thorwarth und Christian Becker, alles Kultfiguren aus „Bang Boom Bang“ persönlich vorbei. Anschließend gab es in der komplett belegten Lichtburg das 25jährige Jubiläum dieses Kultfilms mit einem Talk, von Peter Lohmeyer moderiert, und einer Vorstellung zu feiern. Laufzeit: 29. Juni 2024 bis 2. März 2025 ruhrmuseum.de |
Ausstellung 'Glückauf – Film ab! Kino- und Filmgeschichte des Ruhrgebiets', Foto: Jehle nächstes Foto |