Mit „MAY B - Cie. Maguy Marin“ zeigt das Düsseldorf Festival einen echten Klassiker des Tanztheaters auf wunderbare Art und Weise, dargeboten von der Compagnie Maguy Marin aus Frankreich. Maguy Marin hat sich 1981 Samuel Becketts Werke als Vorbild auserwählt, um diese minimalistisch getanzte Choreo auf die Bühne zu bringen. Was einst ein Skandal war, wird heute als ein zeitloses Meisterwerk der Tanzkunst gefeiert. International soll es bereits 1.000 Aufführungen gegeben haben. Auch in Düsseldorf wurde der Abend mit stehenden Ovationen gefeiert. Zunächst ist es ein langsames Schlurfen, das Spuren auf dem Boden hinterlässt, die später verwischen. Sie tragen ärmliche Kleidung und einen Schuhersatz aus Tüchern, der für damalige Hausbedienstete üblich war. Ihre gebeugte Haltung und ihre kalkweißen Lehmgesichter vermitteln sicher keinen Wohlstand. Die Figuren wirken wie aus einem Gemälde eines französischen Malers Ende des 19. Jahrhundert, nur zum Leben erweckt. Solche Armenviertel gab es in Paris, London oder anderen europäischen Städten. Es waren die Geknechteten und Ausgebeuteten, die keine Chance sahen, den gesellschaftlichen Aufstieg zu schaffen. Man fragt sich als Zuschauer eine Menge. Was sind sie? Wohin wollen sie? Ist es schon das Ende ihrer lebendigen Hülle? Sind sie etwa obdachlos? Sie wirken innerlich leer und ohne Träume, wie gebrochene Seelen. Warten sie auf das Ersehnte, wie bei Godot? Irgendwie schon, denn ihre suchenden Blicke vermitteln einen zeitlosen Stoff voller Drama, der Suche nach dem heilbringenden Ausweg und berührenden Momenten. Es packt einen so richtig, je länger das Stück dauert. Es ist ein tolles Spiel mit der Mimik, besonders in den langsamen Passagen. Blicke sagen mehr als Worte, obwohl sie auch eine gewisse Fantasiesprache pflegen. Sie sind Wandernde mit unklarem Ziel, manchmal auch Koffern. In einer Szene erkennt man vergreiste Darstellungen im Rollstuhl, erblindet oder einfach altersschwach. Habe sie noch Ziele? Es gibt Auseinandersetzungen beim Kampf ums Essen, z.B. bei einem Geburtstagskuchen. Man bildet aber auch Freundschaften, agiert gemeinschaftlich. Soll man Mitleid empfinden oder schmunzeln? Nicht selten erkennt man clowneske Momente, der traurige, getanzte Clown. Dabei ist ihre ausgezeichnete Tanzsprache inhaltlich klar verständlich. Die minimalistische Choreo ist in der Gruppe ausgezeichnet abgestimmt. Selbst im Finale bleiben sie in ihrer Rolle, bewegte Stillleben aus einer anderen Zeit und doch so zeitlos modern. Dieses Tanztheater ist zu recht ein berührender Klassiker der internationalen Tanzgeschichte. Datum: 24. September 2024 duesseldorf-festival.de

Tanztheater 'May B' beim Düsseldorf Festival 2024, Foto: Herve Deroo nächstes Foto