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Mit „Fabian oder Der Gang vor die Hunde“ von Erich Kästner behandelt das Schauspielhaus Bochum ein Thema, das unserer Zeit doch ziemlich nahe kommt, gesellschaftliches und politisches Chaos in den 1920er und den beginnenden 1930er Jahren. Demokraten suchten schäbig den Kontakt zum rechten, nicht-demokratischen Rand. Schon damals nahm das ein böses Ende. Das 2 Stunden und 40 Minuten lange schauspielerische Mahnmahl ist klasse und sehr kurzweilig. Es war ein wildes Berlin der Nachkriegszeit. Der Krieg noch in den Köpfen, die Sehnsucht nach Ordnung und Mitmenschlichkeit, eine hohe Arbeitslosigkeit, eine schwache Demokratie, eine kränkelnde Wirtschaft, Obdachlosigkeit und überforderte Arbeitsämter. Willkommen in der Gegenwart? Die Geschichte spielt vor etwa hundert Jahren. Hoffnungslosigkeit macht sich breit, ein Lehrer hängt an alten Gesellschaftsbildern, Fabian träumt von einem harmonischen Miteinander und aufkommende Nazis schalten langsam die Presse gleich. Das erotische Clubleben boomt, man trägt sexy Klamotten oder frönt der Nacktheit. Die Flucht ins Nachtleben, alles arme Schweine. Die aufstrebende Schauspielerin lässt sich mit einem Filmboss ein, dreht schlüpfrige Filme. Tja, jeder versucht zu überleben. Drogen, Gewalt, Waffen und illegale Machenschaften greifen um sich. Gesungen wird auch. „Alkohol“ von Grönemeyer wird musikalisch zu „Kokain“ uminterpretiert. Der Untergang ist immer spürbar, ein Europa am Ende. Man muss heute nur die Nachrichten lesen, um Parallelen zu entdecken. Auf der Bühne steht der dritte Ausbildungsjahrgang der Folkwang Universität der Künste, Bereich Schauspiel. Unterstützt werden die angehenden SchauspielerInnen durch zwei erfahrene SchauspielerInnen, Michael Lippold aus dem Bochumer Ensemble, und Lise Wolle, die bis 2022 im Ensemble des Theater Oberhausen auf der Bühne stand. Endlich ist sie mal wieder auf der Bühne zu erleben. Die Premiere konnte sich absolut sehen lassen. Der Weg vom Probensaal in der Uni auf die große Bühne in den ausverkauften Kammerspielen ist für Studierende nicht einfach. Plötzlich sitzen da über 400 Zuschauer. Sie haben sich vom Anfang bis zum Ende hin gut rein gespielt, das Timing gefunden, wichtige Szenen groß rüber gebracht, starke Emotionen gezeigt und sehr sensibel gelitten, fast schon wie die Großen. Viel fehlt nicht mehr. Man saß gefesselt in seinem Sitz und dachte ernsthaft über das heutige Berlin nach, wo gewisse Gestalten gemeinsame Sache mit der AfD machen, die gefährliche Suche nach einfachen Lösungen rechts außen. Die Thematik wird sehr gut dargestellt, eine wahrhaft kreative Kostümparade, bis hin zum Adamskostüm. Der Auftritt des Bettlers von Michael Lippold ist klasse. Gedanken an den Tod kommen auf. Es gibt ein Bordell für Frauen, wo selbst vorher hart auftretende junge Nazis, als kleine braune Würstchen, nun selbst anschaffen gehen müssen und auf Kommando winseln. Eine klasse Szene! Die Zeit lebt von Glücksrittern mit kurzer Verweildauer. Der Humor im Stück kommt nicht zu kurz. Fabian ist die Hauptperson im Stück. Als Melancholiker kann man nicht verlieren. Seine Ziele sind eher klein. Sein Leben als entlassener Werbetexter ist ein Leben von der Hand in den Mund. Selbst seine Freundin nimmt ihm egoistisch das Letzte Hemd. Fake-News von rechts führen seinen besten Freund in den Suizid. Such Fabians Ende ist deutungsbehaftet. War es ein Unfall oder auch ein Suizid? Gesungen wird hier und da. „I'm a passenger and I ride“ ist der rote, musikalische Faden. „Heute Nacht oder nie“ oder „Nur nicht aus Liebe weinen“, von Zara Leander, kommen gut rüber. Auf der Bühne stehen Franka Forkel, Klara Günther, Leander Hesse, Florian Kreßer, Laoise Lenders, Michael Lippold, Anton Balthasar Römer, Luke Venatier sowie Lise Wolle. Eigentlich ist dieses Stück ein Pflichtprogramm für alle Demokraten. Der Stoff passt perfekt in die aufgewühlte Zeit. „Friedrich von Hindenburg“ schwebt in einem blauen Anzug und einem braunen Mantel gedanklich durch den Raum. Es erinnert an die aggressive Diskussionskultur in der Gesellschaft und im Bundestag, unüberlegtes Handeln im Affekt. Vernunft ist nur noch ein Schatten der Vergangenheit. Das absolute Ende ist jedoch wieder von einem Hoffnungsschimmer geprägt. Eines Tages wird die Welt wieder gut, so wie nach 1945, nur auf das Zwischendurch sollte man besser verzichten. Datum: 31. Januar 2025 www.schauspielhausbochum.de |
Schauspiel 'Fabian oder Der Gang vor die Hunde' im Schauspiel Bochum, Foto: Birgit Hupfeld![]() nächstes Foto |
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