Mit dem von Carsten Kirchmeier exzellent inszenierten Kult-Musical „Der kleine Horrorladen“ zeigt das Musiktheater im Revier (MiR) in Gelsenkirchen eine Reise in die 1960er Jahre, inklusive, fleischfressender Pflanze, guten Stimmen und einer klasse Live-Band. Der Inhalt ist bestens vertraut. Das Musical gehört zu den beliebtesten Stücken überhaupt, eine Mischung aus Märchen, Horrorgschichte und eben Musical. Seymour (Nikko Forteza) und Audrey (Tamara Köhn) arbeiten im Blumenladen von Mr. Mushnik (Klaus Brantzen), der kurz vor der Schließung steht. Als Seymour eine ziemlich fremde Pflanze entdeckt und ins Schaufenster stellt, kommt die Wende. Radio, TV und Print interessieren sich für Seymour und seine Entdeckung. Die Kunden strömen in den Laden. Plötzlich besteht Hoffnung, endlich die elende Vorstadt verlassen zu können, doch zu welchem Preis? Angelehnt ist diese Inszenierung an dem Film von 1960. Auch die passenden Kostüme und die Bühne (beides Beata Kornatowska) sind dieser Zeit entsprungen, vieles in Braun, Grün und Beige gehalten. Dabei glänzt das Bühnenbild mit einigen schönen Effekten. Es lässt sich aufschieben, dient aber auch als Ort für Schattenspiele, was gewisse Horroreffekte optisch abmildert. Somit ist das Musical auch schon für Kinder geeignet. Das Brutale wird humoristisch so gut herunter gebrochen, dass die Handlung zu erkennen ist, jedoch kein Blut fließt. Trotz allen optischen Reizen spricht der Stoff heute noch immer aktuelle Probleme an. Die Kluft zwischen Arm und Reich, häusliche Gewalt, die Gier nach Ruhm und Geld, Machotum, Ignoranz gegenüber seinen Mitmenschen oder die globale Entwicklung, ohne abschätzen zu können, welche Konsequenzen gewisse Neuerungen haben können, werden thematisiert. Manchmal lassen sie sich einfach nicht mehr aufhalten. Auch die Ableger von Audrey 2, die Monsterpflanze, die menschliches Blut zum Wachsen benötigt, gehen um die Welt. Seymour hätte es so nicht gewollt, hat er doch schon einige Opfer im Schlund der Pflanzen verschwinden lassen müssen, alles zum eigenen Ruhm. Den Stempel drücken der Story Crystal (Sonja Hebestadt), Chiffon (Julia Heiser) und Ronnette (Elena Otten) auf, die zu Dritt das Geschehen bestimmen, ohne mit den restlichen Figuren direkt zu interagieren. Oft sieht man sie direkt, manchmal aber nur als Schattenriss oder sind als Stimmen zu vernehmen. Sie sind die offensichtlichen Strippenzieher der Handlung. Ebenso wichtig ist Audrey 2, die in verschiedenen Größen existiert. Puppenbauerin Sarah Schulze hat sie wunderbar erschaffen. Aus einer Topfpflanze wird ein blutrünstiges Monster mit verführerischen, roten Lippen. Ihr kann niemand widerstehen. Ihr Wille ist Befehl. Sie ist unverwüstlich. Dennis LeGreen spricht dieses Monster ganz hervorragend, während das Spiel von Maximilian Teschemacher übernommen wird. Musikalisch reicht die Palette von romantischen Harmonien bis hin zu einem ordentlich rockigen Finale mit klasse Kostümen. Die musikalische Leitung hat Wolfgang Wilger. Stimmlich und darstellerisch können alle Figuren voll überzeugen. Diese Inszenierung ist ein absolut rund inszenierter und sehr unterhaltsamer Abend. Leider gibt es kaum noch Karten, für alle die, die sich noch keine besorgt haben. Die Premiere wurde mit stehenden Ovationen gefeiert. Datum: 14. September 2024 musiktheater-im-revier.de |
Musical 'Der kleine Horrorladen' im Musiktheater im Revier in Gelsenkirchen, Foto: Pedro Malinowski nächstes Foto |