Mit dem Stück „Warten auf Godot“ von Samuel Beckett ist das Schauspielhaus Bochum in die Spielzeit 2024/2025 gestartet. An der über knapp vierstündigen Inszenierung von Ulrich Rasche, inkl. Pause, scheiden sich die Geister, zwischen Meisterwerk und dem unteren Ende der Skala. Geister sind ein wichtiges Thema der Spielzeit. Auch an diesem Abend herrscht dichter Nebel auf der Bühne. Guy Clemens, Dominik Dos-Reis, Steven Scharf und Yannik Stöbener stapfen auf einer sich gegenläufig bewegenden Drehbühne leicht gebückt durch das Leben, welches nicht immer rosige Zeiten parat hat. Sie warten auf Godot, einen Heilbringer, der ihren mehr als grauen Alltag wieder in die Sonne rückt. Es ist ein genau abgestimmtes Positionsspiel in einem Lichtraum, der geprägt wird durch einen riesigen Lichtschirm von oben, der die jeweiligen Stimmungen farblich ausdrückt. Dabei bewegen sich Guy Clemens und Steven Scharf permanent auf der Drehbühne, immer auf der Suche nach Godot. Zwischendurch tauchen Dominik Dos-Reis und Yannik Stöbener auf, die am Ende aber auch die Bitterkeit des Lebens verspüren. Aufgrund der Inszenierung sollte man den Abend vielleicht in „10.000 Schritte bis zum Untergang der Menschheit“ umbenennen. Völlig monoton bewegen sich die Akteure in Zeitlupe Schritt für Schritt stundenlang über die Bühne, die sonst keine Requisiten erkennen lässt. Die Figuren und ihre triste Lebensreise werden hervorgehoben, dazu der Text. Das große Lichtelement über ihren Köpfen sorgt für große Szenenbilder, die aber nicht darüber hinweg täuschen können, dass die Szenerie zäh und wenig abwechslungsreich wirkt. Das Warten wird immer wieder und wieder betont. Wahrscheinlich gewollte Situationskomik im Text bricht hier und da durch. „Langweile ich sie? Es ist kein reines Vergnügen. Was kann ich tun, dass ihnen die Zeit nicht zu lang wird?“ Zustimmungen waren an dieser Stelle im Publikum laut zu hören, die sich nach der Pause in doch nicht wenige leere Sitze verwandelten. Eigentlich hätte man zur Pause auch den Vorhang unten lassen können. Die Menschheit war da bereits von der Klippe gestürzt. Die letzte Stunde hätte man sich gut sparen können, denn alles lief genau wie vor der Pause, monoton, in Zeitlupe und Schritt für Schritt, von Godot keine Spur. Es stellt sich sogar die Frage, ob es noch ein Schauspiel oder eher eine Live-Performance ist. Neben der großen Lichtinszenierung und dem Nebel muss man die sehr gute Live-Musik hervorheben. Die Musiker erahnt man hinten dem Geschehen im Nebel. Laut kann jeder, aber die auch die leisen Töne sind exzellent. Sie wechseln zwischen Dramatik, Wummern, Schweben, Trance und sphärischen Tönen. Der Soundtrack wird live ganz fein dargeboten. Einfach mal die Augen schließen und nur hören, wenn einem die Monotonie der permanenten Schritte szenisch zwischendurch regelmäßig zu viel wird. Natürlich muss man auch die große Leistung der Schauspieler hervorheben. Diese Inszenierung ist reine Geschmackssache. Es gibt nur zwei Meinungen, grandios oder bitte nie wieder Rasche. Dieses Stück wäre perfekt für die Ruhrtriennale oder eine Einladung zum einem renommierten Theatertreffen mit besonderen Darstellungen. Für ein Stadttheater ist diese Darstellung aber vielleicht zu sehr im Bereich der Hochkultur mit Experimentalfaktor angesiedelt, von der wenig guten Überlänge mal ganz abgesehen. Datum: 6. September 2024 www.schauspielhausbochum.de |
Schauspiel 'Warten auf Godot' im Schauspiel Bochum, Foto: Jörg Brüggemann/Ostkreuz nächstes Foto |