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Schauspiel 'Flitterwochen im Fertighaus' im Grillo Theater in Essen
Mit der Uraufführung von „Flitterwochen im Fertighaus“ von Anne Lepper behandelt das Grillo Theater unsere gesellschaftlichen Probleme am Beispiel einer gerade geschlossenen Ehe, die zerbricht, ein bunter und skurriler Abend.

Regisseur Felix Krakau hat das Auftragswerk in ein szenisches Theaterereignis verwandelt, extrem klischeehaft und feministisch überzogen. Gespielt wird auf einer Raumbühne. Hinter dem Eisernen Vorhang, also auf der Bühne, sitzen die Zuschauer um das Geschehen herum nah dran. Es ist ein Haus, bestehend aus zwei Teilen, einer in Türkis, einer in Rot. Optisch überwiegt der 90er-Look.

Schnell wird klar, dass diese Ehe zwischen Kirk (Philipp Noack) und seiner Ehefrau, die als dreifacher Chor (Sabine Osthoff, Lene Dax, Silvia Weiskopf) auftritt, am Ende ist. Sie fühlt sich von ihm unterdrückt und möchte die selbstbestimmt Ehe beenden. Was folgt sind theoretische Gedanken und sehr bildhafte Darstellungen. Der Chor wirkt wie drei pinke Barbies oder Disney-Figuren auf Rebellion gegen die Männer, außen Frauen, innen Monster-Tussen, alles viel zu pauschal gedacht. Die Theorie wird ausgiebig persifliert, auf die Spitze getrieben, die Handlung sehr gehetzt und skurril. Es gibt Freeze-Momente im Dunkeln, sehr farbige comichafte Passagen und Kostüme (Jenny Theisen) sowie stark philosophisch geprägte Texte. Der Ursprung der Thesen bleibt allerdings bis zum Schluss unklar unklar. Den Chor zu penetrieren und zu zerschlagen ist das Ziel Kirks und seinem Freund Dirk (Jan Pröhl). Aufmüpfige Ehefrauen sind nicht nicht gewünscht. Dabei wirkt Dirk wie eine schlechte Mischung als Hulk und einem Möchtergern-Westernhelden, der hier mit seinem Gewehr Macht über die Frauen ausübt.

Ein erster negativer Höhepunkt des Abends ist ein unendlich langer Monolog der Choranführerin (Sabine Osthoff). Philosophie und Revolutionsgedanken werden in schwierig verständlichen Sätzen aneinandergereiht. Die Dienerin (Rebecca Große Boymann) dient ihr, neben dem Publikum, als Sidekick. Wollte man damit die Intention des Chors selbst ironisieren oder bewusst verkomplizieren? Es geht um Bildung für Unterdrückte, den Begriff Freiheit, Faschismus, Wahnsinn, die Definition von Tod. Gesellschaftliche Defizite werden miteinander wild verquirlt. Ja, der Mensch verursacht Barbarei, alles nichts Neues. Ein Fünftel der Worte hätten dafür gereicht, einfach surreal und gaga. Dieser Monolog wirkt elendig lang und viel zu schnell gesprochen, kaum richtig betont. Vier Texthänger sind dabei ganz normal, kein Vorwurf an Sabine Osthoff. Es ist unmöglich einer Schauspielerin einen solch schwierigen Monolog ins Textbuch zu schreiben. Sie trat körperlich völlig fertig von der Bühne ab. Man hatte Mitleid und selbst konnte man kaum folgen, so wirr erschienen diese Zeilen.

Es geht allerdings noch absurder. Ist der Chor zerschlagen und tot, erträumen sich die beiden Herren einen neuen Chor, der ihnen komplett gefügig ist und keine Widerworte geben kann. Ein Gehirn als Symbol auf einem Aschehaufen steht für die Auferstehung der drei toten Frauen als Maschinenwesen. Man gräbt tatsächlich Leichen aus, wilde Fantasien der Autorin und des Regisseurs à la Frankenstein, allerdings eine blasse Kopie des Original. Da hat man wohl zu viele Horrorfilme geschaut oder soll das Science Fiction sein? Captain Kirk? Die Chor-Maschinen kämpfen die Männer zu Tode. Spätestens da kippt die Handlung komplett surreal hinten herunter, den Weltuntergang vor Augen, das Ende der Menschheit wie in einem schlechten Endzeit-Film inszeniert. Ein letztes Flackern der morbiden Techno-Party leitet das Ende eines 90minütigen Trauerspiels ein, das zwar nie langweilig ist, aber viele Fragen und unübersehbare, szenische Schwächen zurücklässt. Das Stichwort Armageddon und der Song „Everday is like Sunday“ von Morrissey bilden gemeinsam den Schlusspunkt und lassen ein verwirrtes Publikum zurück.

Man weiß leider nicht, was für Vorgaben von Seiten der Intendanz im Auftragswerk gewünscht waren, aber Felix Krakau scheint zu den nicht wenigen jungen Regisseuren zu gehören die durch bildhaft-verbalen Radau und Rabatz unbedingt auffallen möchten, ohne das Publikum eines traditionellen Stadttheaters in seine Überlegungen mit einzubeziehen. Ein sensibler, weniger lauter und vernünftiger Umgang mit dem Thema sieht anders aus. Nur weil das Motto des Hauses „Neues Deutsches Theater“ lautet, muss man nicht gleich szenisch das Extreme anstreben.

Datum: 23. Mai 2025

www.theater-essen.de

Schauspiel 'Flitterwochen im Fertighaus' im Grillo Theater in Essen, Foto: Martin Kaufhold

Schauspiel 'Flitterwochen im Fertighaus' im Grillo Theater in Essen

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