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'Der Leuchtturm / Dido und Aeneas' in der Deutschen Oper am Rhein in Duisburg
Erstmals ist in der Deutschen Oper am Rhein die mutige und gelungene Operninszenierung „Der Leuchtturm / Dido und Aeneas“ zu erleben. Der sehr schöne Abend im Theater Duisburg ist mystisch und erfrischend zugleich.

Beide Opern sind britischen Ursprungs, allerdings sind es sehr unterschiedliche Thematiken und Inszenierungen. Es waren junge Kreative am Werk, die sich etwas getraut haben. Man muss Ideen haben, die Oper vom Sockel zu holen und ein neues Publikum ansprechen. Das ist absolut gelungen, gemeinsam mit der musikalischen Leitung, dem Iren Killian Farrell, und den Duisburger Philharmonikern.

Der Leuchtturm ist eine Oper von Peter Maxwell Davies. Sie spielt in Schottland und wurde erst 1980 uraufgeführt. Es ist ein real unaufgeklärter Kriminalfall von vor 125 Jahren mit tiefschwarzer Vergangenheit. Die Einsamkeit dreier Leuchtturmwärter (Adrian Dwyer, Roman Hoza, Sami Luttinen) hoch im Norden Schottlands ist erdrückend. Ständig peitscht die See vor ihrer Tür. Das ungeklärte Verschwinden aller Drei ist bis heute ein Rätsel. So ist die Deutung des möglichen Geschehens ein perfekter Opernstoff. Was ist passiert? Die Inszenierung von Haitham Assem Tantawy zielt genau darauf ab. Ist ist nur eine Annahme, wie es hätte sein können.

Die drei Leuchtturmwärter haben verschiedene Vorgeschichten, ein Mord in der Familie oder die Verbindung zu Tod und Teufel. Verloren sie in der Einöde auf dem Meer den Verstand? Es ist mystisch. Nebel, Regen und Gewitter ziehen auf, eine insgesamt düstere Stimmung. Der Bezug auf Tarot-Karten wird sichtbar. Es entwickelt sich eine Welt des Unterbewusstseins, der Geister. Drei Tänzer mit großen Vogelschwingen erscheinen als Ankündigung des Bösen. Die schöne Drehbühne ist sehr symbolhaft gestaltet. Der Leuchtturm ist als runder Querschnitt hochformatig platziert, das Leuchtfeuer als riesige Lichtgestalt darüber oder dahinter, alles sehr aufwendig, wie auch die Kostüme. Musikalisch ist die Oper gewöhnungsbedürftig. Die karge Instrumentierung klingt nicht melodisch, erinnert eher an Sprechgesang. Dieses 75minütige Gesamtkunstwerk ist außergewöhnlich, mutig, düster sowie passend zum Thema, kurz um gelungen. Die Geister waren es und das Verschwinden bleibt unaufgeklärt.

Dido (Anna Harvey), die Königin von Karthago, spielt 300 Jahre früher, im 17. Jahrhundert. Es ist die einzige bekannte Oper des Komponisten Henry Purcell. Wir sind im Barock und sind es doch wieder nicht, denn die Handlung ist szenisch komplett in die Gegenwart transportiert. Eine böse Zauberin (Morenike Fadayomi) möchte das Liebesglück mit Aeneas (Jake Muffett) verhindern. Er soll in den Krieg ziehen, fern von seiner Liebsten, eine Weisung von Jupiter. Das gelingt ihr vorzüglich, denn auch nachher nimmt Dido ihren treulosen Verehrer nicht mehr zurück.

Mittels des Computerspiels „Karthago“ begegnen sich beide am Computer in ihrer Wohnung. Man verliebt sich in digitale Avatare von Level 1 bis 8. Zwei Wohnwelten, links und rechts verschiebbar, sind mit je einem Computer ausgestattet. Es sind ihre Aktionszentralen für das auf die Mitte der Bühne übertragene Handeln. Doubles der Hauptfiguren findet man in den Wohnboxen oder in der Darstellung der Spielwelt. Die Verbindung ist immer da. Eine große LED-Wand mit Motiven aus dem Computerspiel zeigt einige Szenen der Spielgrafik, z.B. das Gold oder den Wald. Das graue Rauschen steht lange für Funkstille zwischen den beiden. Sie zocken miteinander oder gegeneinander. Sie müssen Liebesherzen suchen, Punkte sammeln, um vor Freude zu hüpfen, die digitale Welt real auf die Bühne gebracht.

Kostüme und Bewegungen wirken wie in Computerspiel, mit unübersehbarer Farbigkeit und fast schon märchenhaft. Die Inszenierung von Julia Langeder ist überzeichnet, aber nicht überdreht. Das ist die Kunst dabei. Ein eroberter Plüsch-Kopf steckt auf einem Speer und die Kostüme (Lena Scheerer) sind eine Wonne. Kampferfolge werden ungewöhnlich soft dargestellt, immer mit zwinkerndem Auge. Hier und da muss man schmunzeln. Opern müssen nicht immer heroisch und brutal sein. Inhaltlich bleibt man dem Thema treu. Die Ernsthaftigkeit des Stoffes ist gegeben, auch wenn der Superheld Aeneas wie Superman in den Krieg aufbricht. Am Ende wandert Dido vor der hellen weißen LED-Wand ins Jenseits, an der Liebe zerbrochen.

Musikalisch ist diese 60minütige Inszenierung ein Genuss, barocke Klänge zur modernen Lebenswelt junger Menschen. Die sehr schöne Partitur erfordert eine spezielle Instrumentierung mit Cembalo und Laute, gut zu vernehmen. Zudem ist der Stoff eine große Choroper mit guten Solisten.

Mystery und eine moderne Computerspielwelt treffen an diesem Abend frontal aufeinander. Es sind zwei völlig unterschiedliche Inszenierungen, die aber doch an einem Abend wunderbar harmonieren, weil doch gewisse Schnittmengen zu spüren sind. Beides sind stürmische Geschichten, also very British.

Datum: 7. Februar 2025 (Premiere)

www.theater-duisburg.de

'Der Leuchtturm / Dido und Aeneas' in der Deutschen Oper am Rhein in Duisburg, Foto: Anne Orthen

'Der Leuchtturm / Dido und Aeneas' in der Deutschen Oper am Rhein in Duisburg

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